Sechzehn

Das Rechtsgutachten zur PCB-Belastung der Realschule zwingt zu sofortigem Handeln. Schon vor 16 Jahren hätte die Schule komplett saniert werden müssen.” Dieser schlanke Satz ist in der heutigen Ausgabe der Bergischen Morgenpost zu lesen. PCB steht für Polychlorierte Biphenyle. Und das sind “giftige und krebsauslösende organische Chlorverbindungen. (…) PCB zählen inzwischen zu den zwölf als ‘dreckiges Dutzend’ bekannten organischen Giftstoffen, welche durch die Stockholmer Konvention vom 22. Mai 2001 weltweit verboten wurden”, wie uns Wikipedia zu berichten weiß. Also nochmal: Offenbar ist die Realschule in Wermelskirchen derart mit hochgiftigen Chlorverbindungen verseucht, daß seit sechzehn Jahren die Verwaltung der Stadt und die politische Mehrheit im Rat zwingend und unmittelbar hätte tätig werden müssen. Sechzehn Jahre lang sind Schüler, Lehrer, Theaterbesucher, Schauspieler, Sportler und Besucher der Schule einer enormen Gesundheitsgefährdung, einer realen Vergiftungsgefahr ausgesetzt worden. Und: Sechzehn Jahre lang sind die Bürger dieser Stadt an der Nase herumgeführt worden. Zeitsprung ins Jahr 1996. Der Bürgermeister heißt Heinrich Niehaves. Gestellt wird er von der stärksten Partei im Rat, der CDU. Und die Abspaltungen von der CDU gibt es auch schon, nämlich die UWG und die WNK. Friedel Burghoff  und seine Mitstreiter des heutigen Bürgerforums sind noch eifrige und eilfertige CDU-Gesellen. Damit haben wir sie beieinander. Jene, die vor sechzehn Jahren hätten tätig werden müssen. Eine CDU-geführte Verwaltung, eine CDU-geführte politische Mehrheit im Rat der Stadt. Sechzehn Jahre Nichtstun, sechzehn Jahre Gefährdung, sechzehn Jahre Ausreden, sechzehn Jahre Ignoranz, sechzehn Jahre Beschwichtigung, sechzehn verlorene Jahre. Und jetzt, ganz plötzlich nach sechzehn Jahren, wird die CDU wieder aktiv in Sachen Realschule. Die CDU fordert, Arm in Arm mit WNK UWG,  den Abriß der Realschule samt Sporthalle und den sofortigen Neubau einer Sekundarschule. Volker Schmitz und Henning Rehse, der CDU-Fraktionsvorsitzende und der einst verlorene Sohn der CDU, heute Sprachrohr der WNK, schmiegen sich öffentlichkeitswirksam aneinander und üben den Gleichschritt. Nur: Wie das Ganze angesichts des ohnehin prekären Stadthaushaltes finanziert werden soll, verraten die Brüder im Geiste der Öffentlichkeit nicht. Dabei wäre es doch gewiß ein Leichtes gewesen, sich einmal beim Stadtverbandsvorsitzenden der CDU zu informieren, bei Dr. Andre Benedict Prusa, der in der Verwaltung der Stadt die Stelle des fürs Bauen zuständigen Dezernenten bekleidet. Bei ihm, dem noch amtierenden CDU-Chef in der Stadt hätten die beiden schmusenden Partei- bzw. Fraktionschefs, Schmitz und Rehse, sicher in Erfahrung bringen können, daß ein solcher Abriß und Neubau nicht für weniger als dreißig Millionen Euro zu haben sein wird. Haben die beiden Chefturtler von CDU und WNK das Finanzdesaster um den Bau der Pestalozzischule nur verdrängt oder schon vergessen? Vergessen und Verdrängen scheinen Kernkompetenzen für Kommunalpolitiker zu sein. Wenn richtig ist, was die SPD in einer Stellungnahme formuliert, daß nämlich der Ausbau bestehender Schulgebäude für die Hälfte, nämlich etwa fünfzehn Millionen Euro zu haben wäre, dann kann man den Vorstoß der konservativen Anführer nur als Augenwischerei bezeichnen. Sparen, Haushaltsdisziplin, Haushaltssicherung, die Tugenden der schwäbische Hausfrau, das alles zählt auf einmal nicht mehr. Wer sich öffentlich zu Wort meldet und Abriß und Neubau fordert, ohne der Öffentlichkeit auch nur eine Zahl zu präsentieren, ist politisch nicht mehr ernst zu nehmen. Die Stadt muß an allen Ecken und Enden sparen und CDU und WNK geben mal so eben locker dreißig Millionen Euro aus. Nicht ihre, unsere. Das verstehe, wer will.

3 Kommentare

  1. Hallo Wolfgang,

    verstehst Du es nicht oder willst Du es nicht verstehen?

    Da ich Dich nach wie vor für einen intelligenten Menschen halte, versuche ich es noch mal:

    Vor ca. 20 Jahren haben drei Ratmitglieder zum Thema PCB folgende Position in der CDU vertreten:
    Krüger: Um das PCB komplett zu entfernen, muss die Schule mindestens entkernt werden, dann kann man direkt abreißen.
    Rehse: Meine Erfahrung mit Grenzwerten ist, dass diese mit und mit immer weiter abgesenkt werden. Das was heute noch gilt, gilt morgen nicht mehr. Die Werte werden verschärft werden.
    Bornhold: Insbesondere ist das Thema brisant, weil Kinder betroffen sind. Diese von Eltern, Lehrern und Schülern geführte Diskussion wird uns auf Jahre begleiten.
    Unser Fazit: Abreißen!

    Diese Meinung wurde weder vom Gutachter, noch der Verwaltung noch den Kollegen im Rat, gleich ob sie der CDU angehörten oder nicht, geteilt.
    Es fand sich für unseren Ansatz keine Mehrheit. Das ist Demokratie!

    Stattdessen wurde bis 2004 exakt das getan, was der Gutachter vorgab. Dafür wurden Mittel bereit gestellt und es gab lediglich Ende der 90er-Jahre eine kurze Haushalt bedingte Unterbrechung. Bis 2004 wurde so saniert, wie vom Gutachter vorgeschlagen.
    Das Protokoll der Umweltausschusssitzung vom 20.11.2003 stellt in der Anlage 1 zu TOP 6 dazu folgendes fest: “Die Maßnahme 2004 umfasst 4 weitere Bauabschnitte. Geplanter Beginn der Arbeiten Mai 2004. Fertigstellung geplant November 2004. Termine sind mit der Schule abgestimmt. Es wird davon ausgegangen, dass alle primär- und sekundär PCB-kontaminierten Bauteile im Schulbereich dann abschließend (!!!) saniert sind.”
    Wem machst Du hierfür einen Vorwurf?

    Nach 2004 passierte da nichts mehr.
    Es war protokollarisch festgehalten, dass “abschließend saniert” sei.
    Es ergab sich von niemandem dazu Widerspruch: weder vom Gutachter, noch der Verwaltung, noch der Schule noch der Eltern…
    7 Jahre war das Thema tot.

    Im Februar 2011 machte dann zum großen Erstaunen aller und auch zu meinem Unverständnis die Verwaltung das Thema wieder auf und dann ging es Schlag auf Schlag:
    1. Wir bauen lieber mal keine Mensa an die Realschule wegen dem PCB…
    2. Der Rat beschließt am 18.07.2011 einen Schulentwicklungsplan, der die Aufgabe des Gebäudes der Realschule aufgrund der PCB-Problematik bis 2018 vorsieht.
    3.Der Rat beschließt einstimmig am 12.06.2012 die Einführung der Sekundarschule. Das pädagogische Konzept hierzu fordert jedoch einen Raumschlüssel von mehr als 1:1,5 um das gewünschte selbstgelenkte Lernen (SEGEL) und die geforderte Inklusion umsetzen zu können. Dafür fehlen jedoch Räume…
    4. Im September 2012 erklärt die Verwaltung, dass sie ein Rechtgutachten!!! in Auftrag gegeben hat, was bewerten soll, inwieweit es überhaupt noch rechtlich vertretbar ist, Menschen in diesen Schulen (Realschule und Grundschule Ost) zu lassen (siehe dazu Bericht in der BM von heute morgen betreffs Theaterprogramm: der Wert von 300ng muss erreicht werden und das ist nicht möglich!).
    Dass diese Eskalation der Dinge ein Umdenken nötig machte und damit zurück an den Anfang der Diskussion vor mehr als 20 Jahren führt, ist wohl nachvollziehbar!

    Lieber Wolfgang, das sind reine Zahlen, Daten, Fakten und wer diese ganz nüchtern analysiert, kann nur zum Ergebnis kommen, dass der gemeinsame Antrag von WNK UWG und CDU richtig war und ist, um dem Problem endlich und nachhaltig Herr zu werden.

    Wer allerdings aus welchen Gründen auch immer nicht möchte, dass eine neue Schule gebaut wird, wem es ein Dorn im Auge ist, dass es dafür sogar reale Mehrheiten aus WNK UWG, CDU und GRÜNEN gibt, der rührt natürlich eine solche Soße zu dem Thema an, wie Du es tust, und macht das, was man immer als letztes Totschlagargument benutzt, wenn man absolut nicht mehr weiter weiß: man bezichtigt den oder die Initiatoren der Idee einfach des Populismus…

    Gruß
    Henning

  2. “Das Rechtsgutachten zur PCB-Belastung der Realschule zwingt zu sofortigem Handeln. Schon vor 16 Jahren hätte die Schule komplett saniert werden müssen.” Dieser Satz aus der Bergischen Morgenpost war Anlaß für meinen Blogbeitrag. In dem geht es darum, daß offenbar sechzehn Jahre vertan worden sind. Eine Antwort von Dir, Henning Rehse, im Zusammenhang mit der PCB-Belastung in der Facebookgruppe “Wermelskirchen” war, daß Du bereits vor zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahren (ich muß das aus dem Kopf zitieren, weil ich ja in dieser Facebookgruppe nicht mehr nachlesen kann) gemeinsam mit Rüdiger Bornhold und Horst Krüger für den Abriß der Realschule eingetreten seist. Ihr hättet euch aber in der CDU seinerzeit nicht durchsetzen können. Der Abriß ist also an der CDU-Mehrheit gescheitert. Die Bergische Morgenpost berichtet weiter, daß die (CDU-geführte) Stadtverwaltung später die Behandlung des Themas PCB-Sanierung im Rat oder im Umweltausschuss wegen der angespannten Haushaltslage nicht zugelassen habe. Der zeitweilige Vorsitzende des Umweltausschusses, Henning Rehse, hat dagegen nichts machen können. Ihm waren ja die Hände gebunden. Und so sind dann eben sechzehn oder mehr Jahre in dieser Stadt vertan worden. Die Toleranzwerte wurden zwischenzeitlich gesenkt, immer mal wieder wurde gemessen, belüftet, gemessen. Aber niemand hat sich für den Abriß der Schule eingesetzt. Im Gegenteil. Im März des vergangenen Jahres wird Henning Rehse in der Bergischen Morgenpost mit dem Satz zitiert, es bestehe keine Gefahr für Schüler und Lehrer in den Klassenräumen. Auf einer Ratssondersitzung hat Henning Rehse die Position (für die WNK) vertreten, daß die “PCB-Belastung in der Realschule vertretbar” sei. Wie kommt es denn zu diesem Gesinnungswandel? Zuerst die Schule abreißen wollen und dann sind die Werte auf einmal vertretbar? Das verstehe, wer will. Und nun, eineinhalb Jahre später, fordert Henning Rehse gemeinsam mit der CDU, daß die Schule doch abgerissen werden solle. “Für ihn (Henning Rehse) sei aber klar, dass PCB ein Gift sei, das sich in den Beton fresse. ‘Und deshalb kann man nur abreißen und neu bauen’, wiederholt er.” So die Bergische Morgenpost neulich. Tja. Wenn das mal keine Pirouetten sind. Wenn sich PCB in den Beton frißt, dann doch sicher nicht erst seit März vergangenen Jahres, oder? Bleiben wir mal bei Deinem Kommentar. Von Gemurkse schreibst Du in Deinem Kommentar. In der Tat. Die Geschichte der PCB-Belastung der Realschule ist die Geschichte eines fortwährenden Gemurkses. Eines Gemurkses, an dem sicher viele Ratsmitglieder und Verwaltungsangestellte beteiligt waren und sind. Aber jetzt politisch damit punkten zu wollen, daß die “Vorsorge für die Gesundheit von Menschen (Kindern und Lehrern)” nicht von der Haushaltslage abhängig gemacht werden dürfte, ist ja dreist. Sechzehn Jahre oder länger hat die Vorsorge für die Gesundheit von Menschen (Kindern und Lehrern) hinten anstehen müssen, wie das Rechtsgutachten für die Stadt ausweislich der Berichterstattung der Bergischen Morgenpost darlegt. Sechzehn Jahre lang ist die PCB-Frage nicht oder nur unzureichend in Rat und Verwaltung behandelt worden, weil die Finanzlage angespannt war. Und heute, da die Finanzsituation sogar trostlos ist, soll auf einmal Geld gar keine Rolle spielen? Nein. Henning Rehse und Volker Schmitz, der WNK und der CDU ging es um einen populistischen Schnellschuß. Und um Ablenkung. So jedenfalls das einzige Fazit, das die lokale Presseberichterstattung möglich macht.

  3. Hallo Wolfgang,

    natürlich sollst Du, was die inhaltlichen Punkte angeht, eine Antwort bekommen.
    Ich musste nur noch einige Dinge aus den letzten über 20 Jahren recherchieren und habe in Anbetracht einer normalen Erwerbstätigkeit auch keine Zeit, Tag und Nacht irgendwelche Themen adhoc zu bearbeiten.

    Über Stilfragen und die Motivation Deiner mittlerweile kreuzzugartig gegen die WNK UWG und mich geführten Kampagne – erfolgt sie aus eigenem Antrieb und/oder auf Bestellung Dritter – reden wir dann bei einem Bier 🙂
    Es ist schon erstaunlich, welche Personen sich in dieser Stadt quasi synchron über Positionen der WNK UWG aufregen…

    Folgende Aussagen Deinerseits sind schlichtweg falsch:
    1. Die UWG ist keine Abspaltung der CDU.
    2. Es ist völlig irrelevant, wer sich wann vom wem abgespaltet hat und wer die Verwaltung geführt hat, da ausweislich der Protokolle des Rates und seiner Ausschüsse alle Beschlüsse zum Thema PCB einstimmig gefasst wurden.
    3. PCB ist kein CDU- oder WNK UWG-Thema, da waren alle dabei und zwar ohne jedweden politischen Streit.
    4. Wenn jemand an der Nase herumgeführt wurde, dann waren es Rat und Verwaltung selber, da diese stets zu 100% das umgesetzt haben, was vom nicht parteigebundenen Gutachter vorgeschlagen wurde.

    Nachdem sich nunmehr zeigt, dass die Sanierungsmaßnahmen nicht zu dem angestrebten Zielwert von 300ng führen, es eine generelle Diskussion über den zukünftig benötigten Schulraum geht, ist nur mehr recht und billig, die Themen zusammenzuführen und sich eine ganzheitliche Meinung zum Thema zu bilden, die dann auch Neubau lauten kann.

    Wie würdest Du denn aufschreien, wenn in 5 Jahren die Sollwerte auf beispielsweise 100ng gesenkt werden solltem und wir immer noch bei 200ng liegen?
    Für mich ist mit diesem sicherlich von allen gutgemeinten Gemurkse Schluss und deshalb spreche ich mich für den Neubau aus.

    Die Bemühung der schwäbischen Hausfrau in allen Ehren, aber möchte jemand die Vorsorge für die Gesundheit von Menschen (Kindern und Lehrern) als Funktion in Abhängigkeit von der Finanzsituation der Stadt beschreiben?
    Nur zu, mit dem möchte ich mich dann gerne auseinandersetzen!
    Insofern stellt sich bei diesem Thema die Finanzfrage in der Tat nicht!

    Letztendlich stehen Land und Bund in der Haftung für die Verbindlichkeiten der Kommunen. Dies ist gut und gerecht, sind Land und Bund für die desaströse Finanzsituation nahezu aller Kommunen verantwortlich, weil sie denen seit Jahrzehnten mehr und mehr Aufgaben übertragen, die dafür notwendigen Gelder aber nicht bereit stellen.

    Gruß
    Henning

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