DENGI WSATY

Dengi Wsaty, in kyrillischen Buchstaben, zierte die Vorderseite, eine vereinfachte Abbildung von Nase, Schnurr- und Kinnbart die Rückseite der Bartmünze, die vom 5. September 1698 an in Rußland gekauft werden mußte, wenn ein Bartträger seinen Gesichtshaarschmuck behalten wollte. Der Zar Peter der Große wollte sein großes Reich bartfrei machen und bat deshalb alle mit wallendem Vollbart zur Kasse. Von der Rasur freikaufen konnten sich wohlhabende Kaufleute mit 100 Rubel, Höflinge und Beamte mußten 60 Rubel auf den Zarentisch legen und normale Städter 30. Der Zar wollte unter dem Eindruck einer Reise ins westliche Europa sein Riesenreich modernisieren und verfügte aus diesem Grund sein Bart-Ab-Dekret. Erst 74 Jahre später hob die Zarin Katharina II. das Bartedikt auf. Rußland war aber keineswegs das einzige Land, das sich dieser skurilen Steuer bediente. In China erhob der Ming-Kaiser Taizu eine extrem hohe Bartsteuer, im kleinen indischen Fürstentum Radschipur wurde das Tragen eines Bartes bei nichtheiligen Personen mit einer hohen Geldstrafe belegt und im Frankreich des 16. Jahrhunderts erhob König Karl I. eine Abgabe auf die Bärte kirchlicher Würdenträger, so daß der hohe Klerus den Bart behielt und die Abgabe zahlte, der niedere Klerus indes rasiert predigen mußte. Wolfgang Thierse muß sich heutzutage keine Sorgen um die Wiedereinführung einer Bartsteuer machen, auch wenn die Regierung klamm sein sollte. So abwegig indes ist eine Bartsteuer gar nicht, wie man auf den ersten Blick annehmen könnte. Die Dachsteuer wurde in Österreich erhoben, auf die Größe der Dachfläche. Die Fenstersteuer wurde in Frankreich und Großbrittanien kassiert, die Jungfernsteuer in Preußen. Richtig. Die unvermählten Mädchen waren zahlungspflichtig. Eine Katzensteuer gab es 1894 in Emmerzhausen. Die Leuchtmittelsteuer auf Glühbirnen wurde in verschiedenen europäischen Ländern erhoben, zuvor war Verbrauch von Kerzenwachs steuerpflichtig. Bis zur Besteuerung von Brennstäben ist der Weg also nicht so weit. Es gab schon die Perückensteuer, eine Papiersteuer in England, eine Salzsteuer, eine Steuer auf Spatzen, auf Speiseeis und Spielkarten, auf Tee oder Zucker oder Zündhölzer. Der Staat besteuert, was er kann, sofern es nur genug einträgt – und durchsetzbar zu sein scheint.

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