Tag: 11. Mai 2010

Weiks feine Klinge

Die feine Klinge, das Florett, sollte die Waffe der Politik sein und der Politiker. Nicht der Holzhammer oder gar der Baseballschläger. “Die Linken werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Die SED-Nachfolgepartei im größten Bundesland in der Regierung – das ist doch furchtbar.” Dieser Satz, finde ich, ist die Mischung von Holzhammer und Baseballschläger. Die Linke ist auch die Nachfolgepartei der SED, mehrfach geändert und verstümmelt. Und sie wird dies für geraume Zeit auch bleiben. Aber: Die Linke ist auch die Nachfolgepartei der WASG. Schon vergessen? Und die WASG ist eine Westgründung ohne jegliche Verbindung zur SED. Die NRW-Linken dürften nur wenige Ex-SEDler in ihren Reihen versammelt haben. Mitglieder der Linken sind aber auch Gewerkschafter, ehemalige Sozialdemokraten, sogar enttäuschte Mitglieder anderer Parteien, selbst der bürgerlichen. Auch Sektierer sind in dieser Partei, Idioten, Soziopathen. Wie in anderen Parteien auch. Parteien sammeln mitunter eben auch unter den Kranken der Gesellschaft ein, unter den Geltungsbedürftigen, den Karrieresüchtigen, den Egomanen, den Belasteten. Und keineswegs nur die linken Parteien. Die FDP beispielsweise war mal, in den Fünfzigern des vergangenen Jahrhunderts, eine Partei, die auch denen eine Heimat gab, die ansonsten keine finden konnten, Deutschnationalen, Nazis ohne Persilschein. Sollen wir heute darüber noch diskutieren? Bleibt die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Nur: Das ist doch eine politische Entscheidung. Je nach Couleur des Innenministers wird entschieden, ob eine Partei beobachtet wird oder nicht. Zudem: Selbst Gewerkschaften sind schon bespitzelt worden, die Deutschen Jungdemokraten, der sozialdemokratische Hochschulbund. Man mag die Linken mögen, man mag sie verdammen. Eins aber wird nicht mehr gelingen: Man wird sie nicht mehr aus der Realität der bundesdeutschen Parlamente wegträumen können. Der Wähler hat sie gewählt, die Politiker müssen jetzt lernen, mit ihnen umzugehen. Kämpft mit ihnen, diskutiert mit ihnen, entzaubert sie, bindet sie ein, laßt sie Verantwortung tragen, was auch immer. Sie ignorieren hieße, den Souverän zu ignorieren und sein Votum. Warum schreibe ich das alles? Weil mich heute Morgen ein Satz in der Bergischen Morgenpost stutzig gemacht hat. Der Fraktionschef der SPD in Wermelskirchen wird dort mit dem Satz zitiert, er werde die “Linkspartei nicht verteufeln”. Und dieser Satz wiederum habe Bürgermeister Eric Weik fast die Sprache verschlagen. Es folgt der eingangs zitierte Satz: “Die Linken werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Die SED-Nachfolgepartei im größten Bundesland in der Regierung – das ist doch furchtbar.” Wer die Linken nicht in der Regierung sehen möchte, kann und darf sich Gesprächen mit SPD und Grünen nicht entziehen. Das geht, natürlich, an die Adresse der liberalen Partei und ihrer Funktionsträger. Das Schneckenhaus ist kein geeigneter Ort für kluge und weitsichtige Politik. Und Rote-Socken-Argumente sind dumm und von gestern. Der Wähler von heute ist klüger. Also weg mit dem Baseballschläger.