Gesundheit als Ware

Ich hadere immer noch mit der Sendung von Anne Will am vergangenen Sonntag. Es ging, mal wieder,  um das Ende des Sozialstaates. Meine Lust am Polit-Talk ist seit geraumer Zeit schon sehr gedämpft. Mein Erregungspotential entsprechend gering. Daß der FDP-Bundestagsabgeordnete, Martin Lindner,  schneidig für den Umbau des bundesdeutschen Sozialsystems zu Lasten der abhängig Beschäftigten plädierte, wen kann das derzeit wirklich im Mark erschüttern? Daß aber ein Kommunikationswissenschaftler, Norbert Bolz, die Gesundheit und das Gesundheitssystem kurzerhand zum Marktgeschehen machte, das wirkt in mir nach. Natürlich findet im Gesundheitssystem auch Marktgeschehen statt. Aber: Gesundheit ist kein Produkt, keine Ware, schonmal gar kein Luxusgut. Im Gründungsvertrag der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen von 1946 heißt es: “Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Der Besitz des bestmöglichen Gesundheitszustandes bildet eines der Grundrechte jedes menschlichen Wesens, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Anschauung und der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung. Die Gesundheit aller Völker ist eine Grundbedingung für den Weltfrieden und die Sicherheit; sie hängt von der engsten Zusammenarbeit der Einzelnen und der Staaten ab.” Gesundheit ist also keine Produkt des Gesundheitsmarktes, auf dem sich Wohlhabende mehr leisten können müssen als die Mehrheit der armen Schlucker. Gesundheit hat den Status eines Menschenrechts. Das vergessen die schneidigen Einschneider ins soziale Netz geflissentlich. Und eine solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens, in die sich alle nach ihren Kräften und Vermögen einbringen, ist wesentliche Voraussetzung fürs Gelingen eines solchen Systems, nicht aber die Position der Gleichmacher, der Kopfpauschalisten.

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