Ich bin 58 Jahre alt und lebe seit nunmehr 30 Jahren in Wermelskirchen. Kommunale Politik nehme ich vor allem über die Berichterstattung der beiden lokalen Zeitungen wahr. Einer Partei gehöre ich nicht an, ich schreibe keine Leserbriefe und ich mische mich nicht ein. Mein Interesse an kommunalen Vorgängen dürfte so eingeschränkt sein wie bei vielen anderen Bürgern dieser Stadt auch. Und, ich gebe es gerne zu: Von vielen Dingen, die auf kommunaler Ebene geregelt werden müssen, habe ich nicht genug oder keine Ahnung.
Was man aber nun in den vergangenen Monaten lesen konnte vom Verhalten der Parteien hier in meiner Heimatstadt, macht mich ausgesprochen zornig: „Schlagabtausch auf beispiellos niedrigem Niveau“ nannte das beispielsweise die Bergische Morgenpost, was sich Kommunalpolitiker im Ausschuß für Stadtentwicklung und Verkehr leisteten. Es geht, natürlich, um den sich entwickelnden Kommunalwahlkampf. Ob Ausschuß, Rat oder Leserbriefspalte, kein Ort bleibt frei von Wahlkampftiraden.
Man kann für oder gegen den Bürgermeister Eric Weik sein; man kann ihn bekämpfen; man kann die Leitung der Stadtverwaltung und die politische Führung in der Stadt in andere Hände übertragen wollen: das alles ist legitim. Man kann das auch alles auf dem Niveau tun, das derzeit die politische Debatte in unserer Stadt kennzeichnet. Auch legitim. Aber nicht klug. Denn damit wird man den Bürgern Wermelskirchens nicht gerecht. Die Menschen in der Stadt sind klüger und feinfühliger, als sich das manch grobschlächtiger Lokalpolitikus so vorstellen mag.
Ich erinnere mich an die vergangene Wahl: Die Wechselstimmung war derart ausgeprägt, daß der von der CDU gestellte Bürgermeister Heckmann abgewählt und Eric Weik in der Stichwahl etwa 70% aller Stimmen bekam und Bürgermeister wurde. Das wird der einst großen CDU nicht wirklich gefallen haben; ein Grund aber, jede Form von Respekt und Toleranz, jede Form humanen Umgangs vermissen zu lassen, kann und darf das nicht sein.
Wenn die Mehrheit der Wahlbevölkerung einen Bürgermeister abwählt, dann trägt die ihn stellende Partei dafür die Verantwortung. Die Partei darf sich dann einen neuen Bürgermeister wünschen und in der Bevölkerung für ihren Kandidaten werben. Was sie nicht darf, ist, das politische Niveau der Bürgerschaft dieser Stadt zu unterschätzen; was sie nicht darf, ist, den oder die Kandidaten anderer Parteien zu verunglimpfen; was sie nicht sollte, ist, den amtierenden Bürgermeister gegen die Interessen der Stadt und ihrer Bevölkerung vorführen zu wollen.
Der Kampf um die politische Führung in der Stadt unterschreitet bei weitem alles, was wir von politischen Auseinandersetzungen auf anderen Ebenen, Land oder Bund, bereits gewohnt sind. Das sollten, das dürfen wir uns nicht bieten lassen. Es geht um uns, um unsere Stadt. Wermelskirchen, das sind wir alle. Diese Stadt gehört den Bürgern, nicht einer Hand voll Politikern. Wir können entscheiden, wir müssen entscheiden, wie die von uns gewählten Politiker miteinander umgehen. Wie sollen sie in der Lage sein, in unser aller Interesse lokale Angelegenheiten zu regeln, wenn sie nicht einmal zu normalen Umgangsformen fähig sind?
Kommunalpolitik ist, anders als womöglich Landes- oder Bundespolitik, weitgehend frei von Ideologien. Hier geht es vor allem um Fragen der Stadtgestaltung, der Zukunftssicherung des Gemeinwesens, um alltagspraktische Themen, die viele Bürger unmittelbar angehen. Diese Probleme werden in aller Regel pragmatisch, praktisch, nicht aber ideologisch behandelt. Ich verkenne keineswegs, daß es unterschiedliche Interessen auf lokaler Ebene gibt, so daß es auch unterschiedliche Parteien geben muß. In Wermelskirchen aber scheint dies derzeit anders zu laufen. Die beiden Parteien, die ideologisch eher entfernt voneinander sind, SPD und CDU, haben einen gemeinsamen Kandidaten aufgestellt. Drei andere Parteien, WNK/UWG und Bürgerforum, allesamt Abspaltungen der einst großen CDU, und die FDP unterstützen den Bürgermeister. Als freier Bewerber kandidiert ein Mitglied der CDU.
Das verstehe, wer will. Die CDU macht gemeinsame Sache mit der SPD (, die zu bekämpfen ihr normalerweise große Lust bereitet). Das läßt sich nur erklären mit Macht(ver)lust. Die SPD entgeht der zunehmenden Bedeutungslosigkeit aber nicht durch ein Bündnis mit der einst großen CDU. Drei kleinere bürgerliche Fraktionen stützen den Bürgermeister, die Grünen haben sich noch nicht erklärt und ein CDU-Mann kandidiert gegen die CDU. Wermelskirchen à la carte. Willkommen im Dschungelcamp.
Ich bekenne mich dazu, daß ich bei den bisherigen Kommunalwahlen SPD gewählt habe. Das werde ich unter den obwaltenden Umständen in diesem Jahr eher nicht mehr tun. Es ist Zeit, alte Bindungen zu lösen, wenn sie zur Lösung der anstehenden Aufgaben nicht mehr taugen. Die von der CDU gestellten Bürgermeister nach Heinz Voetmann haben alle eine Legislaturperiode nicht überstanden. Helga Loepp amtierte nur ein Jahr, Heinrich Niehaves und Michael Heckmann jeweils nur eine Amtszeit. Das Amt des Bürgermeisters ist aber kein Lehrberuf. Man braucht seine Zeit, um eine Stadtverwaltung führen zu können, die örtlichen Begebenheiten zu kennen, kulturelle Besonderheiten zu erfahren, den Menschen, ihren Vereinen und Organisationen bekannt zu werden, ihre Nöte, ihre Interessen und Sorgen zu erfahren, die wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen der Stadt zu durchschauen. Warum also sollte ich dafür sein, jetzt schon wieder einen neuen Bürgermeister zu installieren? Nur weil mit SPD und CDU die Verlierer der letzten Wahl gemeinsame Sache machen und im Rat herrschen wollen wie einst? Nein! Mir reicht’s! Diese Stadt braucht nicht den fünften Bürgermeister seit Heinz Voetmann. Ich bin dafür, daß sich der amtierende Bürgermeister Eric Weik die Belange der Stadt auch in einer zweiten Amtsperiode zu eigen machen kann. Ich bin für Kontinuität in meiner Stadt. Nicht der ständige Wechsel macht Sinn, sondern die beharrliche und nachhaltige Lösung von Problemen.
Eric Weik mag unbequem sein, unangepaßt, jung, mitunter zu direkt und zu wenig diplomatisch, unabhängig. Das alles ist aber kein Grund, jemanden in das Amt zu hieven, der alle diese Erfahrungen aufs Neue machen muß, die der amtierende Bürgermeister gerade hinter sich gebracht zu haben scheint. Nicht Eric Weik verdient die zweite Amtsperiode, sondern wir, die Bürger dieser Stadt. Wir haben ein Recht auf gewachsene und wachsende Kompetenz an der Spitze dieser Stadt. Wir brauchen nicht alle Jahre wieder einen neuen Bürgermeister. Wir haben einen und den wollen wir behalten, Eric Weik.
Mischen wir uns ein !
Zeigen wir den Politikern, daß sie in dieser Stadt nicht machen können, was nur sie wollen. Es geht um uns, unsere Belange, die der Bürger dieser Stadt. Wermelskirchen gehört uns, nicht den Parteien. Wir sind die Stadt, nicht die Parteien. Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit, schreibt das Grundgesetz. Sie beherrschen sie aber nicht. Gehen Sie in die Versammlungen, erheben Sie Ihre Stimme, zeigen Sie Gesicht, bekennen Sie Farbe. Eric Weik soll Bürgermeister bleiben.
Wolfgang Horn
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