Schlagwort: Ronald Pofalla

Erfüllungsgehilfen

Sollte es wirklich jemanden geben, der sich nicht daran erinnern kann, wie der seinerzeitige Kanzleramtsminister und zugleich die Fleischwerdung des politischen Anstands, Ronald Pofalla, die Spionageaffaire um NSA und BND mit kraftvollsten Worten beendete? Nun, so richtig ausgestanden ist das Ganze dennoch nicht, trotz aller verbalen Kraftmeierei aus dem Bundeskanzleramt. Nunmehr geht es um Thomas de Maiziére, noch Innenminister der Republik. Michael Spreng, konservativer Publizist und einst Wahlkampfhelfer von Edmund Stoiber, urteilt in seinem Blog Sprengsatz:

Thomas de Maiziére ist kein Politiker, sondern ein Jurist und Beamter. Er hat den größten Teil seines politischen Berufslebens als Erfüllungsgehilfe hinter den Kulissen verbracht – immer auf Distanz zur Öffentlichkeit und den Medien. Er hat keine Parteikämpfe  hinter sich, aus denen er hätte lernen können, sondern betrachtet die Politik nur aus der formalen Perspektive der Administration. Taucht ein Problem auf, das kommunikative Fähigkeiten und Erfahrung mit den Medien erfordert, gerät er sofort ins Schlingern. So war es schon bei der Auseinandersetzung um die Aufklärungsdrohnen, die ihn beinahe sein Amt als Verteidigungsminister gekostet hätte.

So ist es auch heute bei der Bewältigung der aktuellen BND-Affäre. Statt Krisenkommunikation zu betreiben,  verschanzt sich de Maiziére hinter Geheimhaltung. Damit öffnet er sperrangelweit das Einfalltor der Opposition, die Regierung in dieser Affäre noch mehr vor sich herzutreiben, und vergrößert den Schlammassel. Und er überlässt es der Entscheidung einer fremden Macht, nämlich den USA, ob die Liste der ausgespähten Internet-Adressen veröffentlicht wird.

Da es aber diesmal nicht nur um die NSA, sondern auch um den Bundesnachrichtendienst geht, kann die Regierung nicht zur früheren – aus Ohnmacht geborenen – Praxis zurückkehren, den Fall für erledigt zu erklären. Diesmal ist die Regierung selbst dran.

Bevor die Affäre die Kanzlerin erreicht, wird einer daran glauben müssen. De Maiziére bietet sich dafür an.

Rögnvaldr

Ronald Pofalla übernimmt die Bahn. Nicht jetzt, aber demnächst. Ronald Pofalla, dieses niederrheinische Kommunikationswunder, der selbst das “Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen!” an seinen christdemokratischen Parteifreund Wolfgang Bosbach ja nicht donnerte, sondern herausnäselte, wird neue Maßstäbe setzen, vielleicht im Kundenumgang des fahrenden Volks bei der Bahn, vielleicht auch in der öffentlichen Behandlung von Verspätungen und anderer Unbill, so wie er einst ja auch die Massenbespitzelung der Deutschen durch amerikanische und britische Geheimdienste schlichtweg für beendet erklärte. Ronald, Rögnvaldr, das ist der, der die Kraft der Götter hat. Und er glaubt es.

Moralapostel Ronald oder Der die Kraft der Götter hat

Es ist ein erstaunlicher Vorgang, dass ein deutscher Minister schon Wochen nach seinem Ausscheiden die Reputation seines früheren Amtes für eine kommerzielle Tätigkeit nutzt. Das Vertrauen darauf, dass ein früherer Minister weiß, was sich gehört und er auch im Nachhinein seinem Amt schuldet, hat Ronald Pofalla gründlich zerstört. Pofalla geht es nicht um die Lokomotiven – es geht ihm um Kohle! Diese drei Sätzchen stammen nicht aus meiner Feder. Der Autor heißt Ronald Pofalla. Doch. Ich habe lediglich die Worte Bundeskanzler und Kanzler durch Minister ersetzt, den Namen Gerhard Schröder durch den Namen Ronald Pofalla und das Wörtchen Gas durch Lokomotiven. Und schon wird die ganze Windigkeit, die Wendigkeit, die ganze Unglaubwürdigkeit, die Skrupellosigkeit des gewesenen Kanzleramtsmanagers deutlich. Wenn es ihm in den politischen Kram paßt, haut er derbe drauf. Nicht feinsinnig, nicht mit dem Florett. Seine Waffe ist die Keule, der Baseballschläger. Obwohl er selber keine hat, bedient sich der näselnde Niederrheiner der politischen Moral. “Jetzt kommen wir an einer rechtlichen Regelung wohl nicht vorbei: Es ist offensichtlich eine Illusion zu glauben, dass der Appell an politischen Anstand alleine ausreicht, um solche Fälle zu verhindern. Ich könnte mir eine Art Selbstverpflichtung von Regierungsmitgliedern vorstellen, für die Zeit nach Ausscheiden aus dem Amt sich geschäftliche Rücksicht aufzuerlegen. Auch Karenzzeiten halte ich für vorstellbar.” So klang das im Jahr Zweitausendundfünf in der Hamburger Morgenpost. Ronald Pofalla macht sich zum Zensurenverteiler, zum Oberlehrer in Sachen politischer Moral. Und er geht ihm locker von den Lippen, der Vorwurf mangelnden politischen Anstands. Nicht nur mit Blick auf den politischen Gegner, wie man heute weiß. Sein Parteifreund Wolfgang Bosbach kann gewiß ein Liedchen singen vom Hüter des politischen Anstands aus Kleve. Was interessiert den Moralapostel Ronald sein Geschwätz von Vorgestern? Es ging dem Zensor der politischen Klasse nicht um politischen Anstand. Nie. Zu keiner Zeit. So schwadroniert Merkels Liebling daher, wenn er einen politischen Gegner treffen kann. Oder einen Parteifreund. Karenzzeit? Pofalla braucht keine. Selbstverpflichtung von Regierungsmitgliedern? Gewiß nicht für den Christdemokraten vom linken (igitt) Niederrhein. Kein Wunder, leitet sich der Vorname des Moralapostels doch ab vom altnordischen rögnvaldr. Und das heißt schließlich: Der die Kraft der Götter hat. Der Treppenwitz der Politik ist aber, daß Pofalla Recht hat. Jedenfalls mit dem Sätzchen, daß es “offensichtlich eine Illusion (ist) zu glauben, dass der Appell an politischen Anstand alleine ausreicht, um solche Fälle zu verhindern.” Rechtliche Regelungen müssen her. Unter der Kanzlerin Merkel ist es, leider, normal geworden, daß man sich quasi übergangslos vom Ministersessel auf den bestens dotierten Schreibtischstuhl an der Spitze eines Wirtschaftsunternehmens oder einer Lobbyorganisation begibt. Hildegard Müller, von der Staatsministerin im Kanzleramt mutiert zur Geschäftsführerin beim Hauptverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Vor Pofalla hat sich Ex-Staatsminister Eckart von Klaeden den Job als als Cheflobbyist bei Daimler gesichert.  Regierungssprecher Ulrich Wilhelm wurde Intendant des Bayerischen Rundfunks Den Wirtschaftsberater der Bundesregierung, Jens Weidmann, machte Angela Merkel zum Bundesbankpräsidenten. Ich halte es durchaus mit Ronald Pofalla. Das ist eine Frage des politischen Anstands. Und der ist zwischenzeitlich auf der Strecke geblieben. Unter Schroeder schon. Vor allem aber unter Merkel. Man bedient sich heute ungenierter denn je. Anschlußverwendung eben. Kann man hoffen, daß die politische Klasse zurückfindet zu politischem Anstand?

Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen…

“Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen. Ich kann deine Scheiße nicht mehr hören.” Diesen ausgesucht höflichen und feinfühligen Ton, diese elaborierte bürgerliche Anspracheform wählte, wenn man Spiegel-Online glauben kann, Kanzleramtsminister Ronald Pofalla von der CDU im Gespräch mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach. Ein anderer Abgeordneter, so der Spiegel weiter, erinnere sich nicht an den genauen Wortlauf, bestätige aber die Auseinandersetzung mit den Worten, diese Zitate seien “eher untertrieben”. Ein Hoch auf die bürgerlichen Tugenden.