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Befund

Die Dritten Programme sortieren unsere Welt in Hitparaden. Sie zerlegen sie in ihre Bestandteile, bereinigen sie von komplizierten Zusammenhängen und Kontexten, sortieren sie nach Beliebtheit und lassen sie von Leuten kommentieren, die nichts mit ihnen zu tun haben. Es ist eine Aufgabe, die an Macher und Zuschauer eigentlich nur zwei Ansprüche stellt: Ausdauer und den Mut zur Anspruchslosigkeit. Und so füllen diese Listen-Formate, die aus dem Privatfernsehen eingeschleppt wurden, inzwischen die meisten Dritten Programme und sorgen dort für eine umfangreiche Versteppung. Im NDR, der früh auf dieses Format gesetzt hat, haben sie ihren Höhepunkt inzwischen offenbar überschritten. Aber der WDR, der wie kaum ein anderer öffentlich-rechtlicher Sender weiß, wie man seine Zuschauer unterfordert, hat für diese Monokultur inzwischen breite Schneisen in sein Programm gerodet. Im WDR läuft allein in diesen Tagen: »99 Lieblingsorte in Nordrhein-Westfalen«, »Die 30 tollsten Haus– und Hoftiere«, »Die beliebtesten Bauernhöfe in Nordrhein-Westfalen«, »Die 40 beliebtesten Burgen und Schlösser in Nordrhein-Westfalen«, »Die 40 beliebtesten Ausflugsziele in Nordrhein-Westfalen«, »Die beliebtesten Liedermacher der Nordrhein-Westfalen«, »Die beliebtesten Schlagerduos der Nordrhein-Westfalen« und »Die beliebtesten Schauspieler der Nordrhein-Westfalen«.

Stefan Niggemeier, Medienjournalist, in seinem Blog. Eine genaue Aufstellung auch dort.

Tatort: Doppelt kassiert

Kein Ende der Tatort-Ermittlungen: Heute meldet die FAZ auf ihrer Medienseite, daß die NDR-Redakteurin Doris Heinze nicht nur unter falschem Namen eigene Drehbücher verkauft hat. Sie habe auch doppelt kassiert. Das Drehbuch zum nicht realisierten Film “Dienstage mit Antoine” habe sie unter dem Pseudonym “Marie Funder” an die AllMedia verkauft. Nur unwesentlich verändert habe sie das gleiche Buch unter ihrem eigenen Namen an die Firma Network Movie geliefert. Titel: Dienstage mit Marie. Ein Buch, zwei komplette Honorare, eine komplette Katastrophe.

Tatort

“Ich mag meine Figuren, die guten wie die bösen, weiß fast alles über sie, kenne ihre Abgründe, ihre Hoffnungen und Träume.”  So die “Tatort” – Drehbuchautorin Marie Funder-Donoghue, über die das ARD-Presseheft zu berichten wußte, daß sie 1981 in Heidelberg geboren wurde, Wirtschaftswissenschaften und Jura in Dublin studiert hatte, mit Ehemann David und Sohn Sean an der Ostküste lebt und Kurzgeschichten schreibt. “Ich schreibe Drehbücher, weil ich es liebe, Menschen zu beobachten und in ihre emotionalen Welten einzutauchen.”

Ihre “Tatort”-Folge  sollte am 23. September unter dem Titel “Die Freundin der Tochter” ausgestrahlt werden.

Nur: Marie Funder-Donoghue ist eine komplette Erfindung der NDR-Fernsehspielchefin und Tatortverantwortlichen Doris Heinze. Das Drehbuch hatte sie selbst geschrieben. Sie war bereits in der vergangenen Woche suspendiert worden, weil sie Drehbücher ihres Mannes unter einem Pseudonym für den NDR verfilmen ließ, ohne die Autorenschaft offenzulegen.

Waren andere Drehbuchvorschläge nur schlechter oder handelt es sich bloß um Gier?

Nachtrag: Welch ein Glück, daß das Adolf-Grimme-Institut bislang weder Doris Heinze, noch Niklas Becker, dem vermeintlichen Drehbuchautor, noch Marie Funder-Donoghue einen Adolf-Grimme-Preis verleihen wollte.