Schlagwort: Marktwirtschaft

Ordnungspolitik

Wie ist das jetzt noch genau? Die ordnungspolitischen Vorstellungen der Liberalen haben die FDP in drei Landesregierungen daran gehindert, einer Transfergesellschaft für elftausend Mitarbeiterinnen von Schlecker eine Bürgschaft auszustellen, deren Höhe irgendwie um die siebzig Millionen Euro beträgt. Und jetzt werden diese Mitarbeiterinnen gekündigt, während sie andernfalls in ein – geringer bezahltes –  Anstellungsverhältnis bei dieser Transfergesellschaft gewechselt wären. Der Insolvenzverwalter hat nunmehr aber größere Schwierigkeiten, Schlecker zu verwerten, weil als Folge Abfindungsansprüche der Mitarbeiterinnen erwachsen. Und das Ganze nennt sich Marktwirtschaft? Wirklich? Handelt es sich um die gleiche Marktwirtschaft, die mit Zustimmung der FDP (!)  “systemrelevante” Banken rettet, und zwar mit Milliardenbeträgen (!), die die Steuerzahler aufbringen? Handelt es sich um die gleiche Marktwirtschaft, in der staatliche Subventionen, also Steuergelder, für Unternehmen mit Zustimmung der FDP (!) täglicher Usus sind? Handelt es sich um die gleiche Marktwirtschaft, in der Abwrackprämien mit Zustimmung der FDP der Automobilindustrie aus der Krise helfen sollten? Ordnungspolitische Argumente entdeckt die FDP vor allem als Rezept gegen ihre eigene Krise. Das Geld der Steuerzahler ist den Liberalen heilig, darf also nicht ausgegeben werden, wenn soziale Stützungsmaßnahmen finanziert werden sollen, die Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zugute kommen. Weniger heilig ist das Steuerzahlergeld, wenn es gilt, die Klientel der FDP zu bedienen.  Ordnungspolitik. Daß ich nicht lache. Hier geht es um eine in völlige Unordnung geratene Partei, die ehemals liberale FDP, die sich mittels ordnungspolitisch klingender Sprüche im Gespräch zu halten versucht, die krampfhaft das Profil eiserner Marktwirtschaftsverfechter für sich reklamiert, derweil sie landauf, landab vom Wähler abgestraft und ins Ghetto der Familienpartei oder der Partei der Bibeltreuen Christen verwiesen wird. Eine Partei, die sich nicht lumpen läßt, wenn es sich um Unternehmen handelt, zum Lunpen aber wird, wenn es um die Arbeiter und Angestellten der Unternehmen geht, hat jeden ordnungspolitischen Kompaß verloren. Sie ist eine Partei der ordnungspolitischen Blamage geworden.

Es ist nichts mehr da

Wie war das noch neulich? Meike Schlecker, die Tochter des Gründers des Schleckerimperiums, Anton Schlecker, behauptete vor den Fernsehkameras der Republik: “Es ist nichts mehr da.” Die Rede war vom Familenvermögen. Da hatten viele von uns doch fast schon wieder Mitleid mit den Schleckerkindern. Nichts mehr da. Das gilt auf jeden Fall für die elftausend Mitarbeiterinnen des Unternehmens, die vor der Entlassung stehen. In diesen Familien ist nichts mehr da, mit dem man einkaufen gehen könnte, Einkommen nämlich, Lohn, Gehalt, Geld. Und die meisten von ihnen werden zudem kaum mehr einen neuen Job finden. Die Familie Schlecker hingegen wird, wie die Süddeutsche Online heute schrieb, “auch in Zukunft etwa 70 000 Euro zum Leben haben.”  Im Monat! Eine kurze überschlägige Rechnung läßt mich zu dem Ergebnis kommen, daß von diesem Betrag die Familie Anton Schlecker und die Familien der beiden Nachfahren durchaus werden ganz gut leben können. Es scheint mir nicht einmal sicher, ob es diesem kleinen Personenkreis gelingen wird, jeden Monat die vollen siebzigtausend Euro auszugeben. Nur zur Erinnerung: Die feine Familie Schlecker blieb einundsiebzig Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen schuldig. Beträge, die sie den Arbeitnehmern aus der Tasche bzw. dem Portemonnaie genommen hat. Es ist nichts mehr da! Ein feines Motto einer dreisten Familie. Und wir, die Steuerzahler springen ein. Bund und Land verhandeln derzeit über eine Kreditbeteiligung. Mal wieder: Verluste werden sozialisiert. Und wenn die Familien Schlecker etwas vorsichtig sein werden beim Kauf von Yachten und  Nobelkarrossen, dürften sie die Sozialämter der Republik kaum von innen sehen. Markt. Marktwirtschaft. Muaaaha.