Schlagwort: Manfred Schawohl

Blues, so oder so

Blues in der Kattwinkelschen Fabrik? Oder doch Stammtisch der AfD? Der Alternative für Deutschland und Wermelskirchen. Das waren die Möglichkeiten fürs gestrige Abendprogramm. Und wenn Stammtisch, habe ich nicht danach den Blues? Und wenn Blues, entgeht mir nicht doch etwas Neues der Wermelskirchener Stadtpolitik? Kurzerhand entschieden. Für Brauhaus, AfD, Stammtisch. Eine Begegnung der dritten Art. Womöglich sogar eine unheimliche Begegnung der dritten Art. Steven Spielbergs Film läßt sich ja verstehen als eine Möglichkeit, sich auf Unbekanntes einzulassen und miteinander zu kommunizieren. Auch, wenn man unterschiedlichen Welten entstammt. An Versöhnung, wie seinerzeit Spielberg, habe ich gestern Abend indes nicht gedacht. Mir ging es dann doch eher darum zu erleben, wie diese Menschen mit Politik und Kommunalem umgehen. Und vor allem darum zu erfahren, ob der Herr Stadtrat Müßener, wenn ich mich mit ihm in einem Raum befinde, mir gegenüber ähnlich ungehobelt auftritt und ähnlich verquast argumentiert, wie er das nun schon seit geraumer Zeit in allen möglichen Facebookgruppen und auch auf der Homepage der hiesigen AfD praktiziert. Dreizehn mehrheitlich ältere Männer und ich. Keine Frau. Wie man sich einen Stammtisch so vorstellt. Da mich nur der Stadtrat Andreas Müßener und sein schreibender Adlatus Manfred Schawohl kennen, nein: nicht kennen, sondern lesen, wurde ich dann aber auch flugs eingeordnet vom Stadtratsassistenten: als Gegner, als Feind. Unheimliche Begegnung der dritten Art. Nach meinen Absichten gefragt, habe ich meine Erfahrungen bei der Lektüre von Facebookpostings und meine Neugier dargelegt, ob sich Müßener und Co. eines anderen, eines niveauvolleren, irgendwie bürgerlichen Umgangstones befleißigen, wenn sie mir in die Augen sehen können. Andreas Müßener, mein Stadtrat, bekam zu dieser Erwartung nicht einen Ton über seine Lippen. Keine Begegnung der dritten Art. Kleinlaut. Der ansonsten so rauflustige Stadtrat. Etwas verschwurbelt, nicht ganz handfest erläuterte der Fraktionsvorsitzende, Karl Springer, daß man in der hiesigen AfD nicht zufrieden sei mit der Außendarstellung und deswegen an der Verbesserung des öffentlichen Auftretens der noch jungen Partei arbeite. Die Positionen von AfD-Mitgliedern würden demnächst eher “abgestimmt”, “vorbesprochen” veröffentlicht. Das war aber dann doch eine unheimliche Begegnung der dritten Art und etwas ganz Neues. Andreas Müßener an der Kette. Man hat ein Auge auf ihn. Politische Bildung. Auf der Homepage nicht angekündigt war eine Tagesordnung, die nach der Betriebsstörung durch mich dann auch noch abgearbeitet werden mußte. Da ging es um die Mitarbeit in den Ausschüssen, um die Bildung von Arbeitsgruppen, um die Formulierung von Parteiperspektiven, die Auswertung des Wahlergebnisses in Sachsen. Wie auf einem politischen Stammtisch. Und es ging mitunter hoch her. Debattenkultur und Versammlungsleitung sind noch weitgehend unerprobte Felder. Die spontane Meinungsäußerung hat Konjunktur. Der Zwischenruf kann länger dauern. Ein Stammtisch eben. Diese Partei hat ihren Ort noch nicht gefunden. Ein Beitrag reklamierte den konservativ-bürgerlichen Ort rechts neben der CDU. Anderen platzte ihre Angst vor “Überfremdung” und “mehrheitlich bewaffneten Ausländern“, denen man jede Art der Sozialhilfe zuteil werden lasse, ständig heraus. Dann gab es solche, die lediglich Kommunalpolitik machen wollten und die der Rest, die große Politik im Bund oder in Europa, nicht interessiert. Ein heterogener Haufen. Unsortiert, noch ohne effiziente Strukturen, weitgehend ohne profunde Erfahrungen. Zum professionellen Politikbetrieb scheint mir noch ein weiter Weg zu sein. Und dann müssen die politischen Gegner auch keine besonderen Sorgen haben. Die AfD muß sich erst finden. Ob sie sich dann dauerhaft rechts neben der CDU etablieren kann, und als was: als rechtspopulistische Partei, als Nationalkonservative, als Europafeinde, als marktradikale Neoliberale, als Partei mit einem Gesellschaftsbild von vorgestern, das alles steht noch nicht fest. Entzaubern wäre angebracht. Nicht verteufeln. Das nächste mal ist übrigens Blues angesagt.