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Gastbeitrag: Persönliche Gedanken von „Jackie“ Herzog

“Willkommen in Dabringhausen” liest man als Überschrift, wenn man www.dabringhausen.info anklickt. Gemeint mit dem “Willkommen” sind wir wohl alle. Die von hier und die Hergekommenen. Jene, die vor langen Zeiten von überall hierhin geflohen sind, und die, die erst neulich kamen und immer noch kommen. Ein Informationsdienst rund um die Dabringhauser Mehrzweckhalle und die Menschen, die in der Halle vorübergehend leben müssen und die in ihr arbeiten. Ein formidabler Nachrichtendienst. Jedem zur regelmäßigen Lektüre empfohlen. Mit freundlicher Genehmigung des Verantwortlichen, Michael Jakstait, veröffentliche ich heute als ersten Gastbeitrag die “Persönlichen Gedanken” von Jackie Herzog, vom Deutschen Roten Kreuz, der Leiterin der Aufnahmeeinrichtung in der Mehrzweckhalle.

Persönliche Gedanken von “Jackie” Herzog

Relativ spontan habe ich vor ein paar Wochen der Bitte zugestimmt die Notunterkunft in Dabringhausen zu leiten. Auch wenn ich zuvor schon in Bergisch Gladbach-Sand dabei war, so wirklich gewusst auf was ich mich einlasse habe ich nicht.

Klar, viel Arbeit! Das es so viele Stunden werden, nun ja, ich bin ja robust, jetzt hatte ich ein ganze Wochenende frei, zumindest körperlich, und mir geht so vieles durch den Kopf was ich heute und auch gestern hätte machen können/sollen/müssen. 

Wenn ich an die letzten Wochen denke geht mir immer wieder „professionelle Distanz“ durch den Kopf, auch und gerade im Zusammenhang mit „meinem“ tollen Team, welches eine unglaubliche Arbeit leistet, und vor allem sehr jung ist.

Freitag haben die Flüchtlinge, die am 19. September in Dabringhausen eingetroffen sind, ihre Reise in die Regelkommunen angetreten. Dienst an diesem Tag hatten eigentlich nur zwei, alle aus meinem Team waren vor Ort – um sich zu verabschieden, einen Schlussstrich zu ziehen, um mich nicht alleine zu lassen!

Männer die in Syrien alles verloren haben, haben sich weinend von uns verabschiedet.

Kinder, die nicht so ganz verstanden warum sie schon wieder in einen Bus steigen müssen, die weinen, sich auf meinem Arm aber beruhigen lassen. Ein Kind, welches beim Umzug in die Schuberthalle weinte, weil es Angst hatte uns nicht mehr wieder zu sehen, und uns am Bus einfach nur noch mit leeren Augen angeschaut hat.

Bis der letzte Bewohner in seinem Bus saß habe ich so viele Worte des Danks gehört, versucht die Angst zu nehmen, Angst vor einer so ungewissen Zukunft. Und habe immer wieder den deutschen Satz: “Ich werde Dich nie vergessen, Danke!“ gehört.

Auch bei uns sind Tränen geflossen, aus verschiedenen Gründen , zum einen weil ein Abschied immer traurig ist, zum anderen aus Zufriedenheit. Zufriedenheit dass alle Menschen aus der Mehrzweckhalle in ein festes „Zuhause“ gehen (naja, zumindest eins mit einer abschließbaren privaten Tür).

Und Dankbarkeit, Dankbarkeit gegenüber jedem einzigen freiwilligen Helfer in der Halle. Nur weil es diese unglaubliche Hilfe der Bevölkerung gibt, hatte ich (wir) überhaupt die Chance, so intensiven Kontakt zu den Bewohnern aufzubauen. Danke!

„Professionelle Distanz“ wahren, ich glaube dass wir das tun, unsere Tränen sind eher ein Zeichen der Menschlichkeit. Ein Ventil, um Platz zu schaffen für die 144 Menschen die jetzt in der Halle sind.

Die Kommunikation ist aufgrund der vielen Sprachen diesmal deutlich schwieriger, die medizinische Betreuung intensiver. Ein Kind hat vor ein paar Wochen seine Chemotherapie beendet hat, ein junger nierentransplantierter Mann ist dabei, der mit seinem kleinen Bruder geflohen ist.

Auch diese Menschen werden wir bis zu Ihrer Busfahrt in eine ungewisse Zukunft begleiten.

Mit und gerade durch Euch!