Schlagwort: DFB

Raus

Ein letzter Schuss steckt noch in der Büchse. Am kommenden Samstag beim Champions-League-Finale in Berlin gibt es ein Strategietreffen. Dann will die Uefa “jede Option” gegen das Zürcher Endlosregime prüfen: vom Rückzug ihrer acht Mitglieder im Fifa-Vorstand bis zum Rückzug von Europas Verbänden aus allen Fifa-Bewerben. Dann darf sich der DFB nicht aus der Verantwortung stehlen. Der Weltmeister und weltgrößte Verband wird als Gastgeber der Uefa in Berlin Profil zeigen müssen. Warum geht er nicht, vereint mit gleichgesinnten Verbänden, erst mal raus aus Blatters Fifa? Keine Sorge: Eine WM ohne Deutschland, Frankreich, England, Holland – das wird es nie geben. Weil es keine WM ohne die Milliarden von TV und Sponsoren geben kann. Der Druck verstörter Geldgeber aber könnte den Wechsel herbeiführen – womöglich noch flotter als das FBI.

Thomas Kistner, Kommentar: Europas Versagen, in: Süddeutsche Zeitung vom dreißigsten Mai Zweitausendfünfzehn

Nordkoreanische Wahlergebnisse

Versammlungen von Gruppen oder Vereinen, von Parteien allemal, sollten terminlich nur festgelegt werden, nachdem man zuvor den Rahmenterminkalender des Deutschen Fußballbundes konsultiert hat. Das ist mein Ceterum Censeo, seit ich Gastmitglied und hernach ordentlicher Genosse der hiesigen SPD geworden bin. Allein: Auch die ständige Mahnung bleibt folgenlos. Die Vorstandsgenossen der Wermelskirchener Sozialdemokratie, auch jene, von denen ich sicher weiß, daß sie an Fußball interessiert sind, sehr interessiert sind, ignorieren den mahnenden Hinweis konsequent. Während also die deutsche Fußballnationalmannschaft gestern Abend im Wembleystadion gegen die englischen Kicker ihr letztes Länderspiel in diesem Jahr absolvierte, erfolgreich und ansehnlich zudem, mühten sich die lokalen SPD-Mitglieder, übrigens in bemerkenswerter Anzahl erschienen, eine formal unanfechtbare Aufstellung der Kandidaten für die kommende Kommunalwahl vorzunehmen. Und viele Genossen hatten, wie ich, das Bedürfnis, dem Kick televisionär beizuwohnen. Kein Wunder also, daß die Ergebnisse der verschiedenen Wahlgänge nordkoreanische Dimensionen annahmen. Debatten wurden aufs Nötigste beschränkt, gewählt wurde einstimmig, nur höchst selten verirrte sich eine Gegenstimme in die Urne, vermutlich von jemandem, der Gesprächsbedarf hatte und keinen TV-Bedarf. Kaum jemand der Genossen konnte sich an eine ähnlich reibungslose Mitgliederversammlung und Kandidatenaufstellung in den letzten Jahren und Jahrzehnten erinnern. Was von einigen dann als wünschenswerte “Geschlossenheit” der Partei gewertet wurde, ist vielleicht eher Ergebnis eines perfiden Kalküls: Tage bis kurz vor Anpfiff eines Länderspiels und sei gewiß, daß die Debatte kaum kontrovers und ausufernd ausfallen wird. Der lokale SPD-Vorstand ist offenbar mit allen Wassern gewaschen. Mit dem Anpfiff war übrigens die umfangreiche Tagesordnung abgearbeitet und die Genossen konnten sich ihrer (un)heimlichen Obsession widmen.

Habemus Papam!

Habemus Papam! Wolfgang Niersbach ist gewählt. Ohne Gegenstimme. Einstimmig. Nur eine Enthaltung. Seine eigene. Wolfgang Niersbach ist neuer Präsident des Deutschen Fußballbundes. Mit dem Ergebnis, das einer ZK- oder Politbüro”wahl” alle Ehre einlegte. Passend ein Statement des Neuen Oberfußballers der Republik: “Ich war nie Revolutionär oder Revoluzzer. Aber ich glaube auch nicht, dass der DFB eine Revolution nötig hat. Er braucht eher eine Evolution. Ich bin konservativ, ich mag die klaren Strukturen.” Die klaren, strukturkonservativen Strukturen mochten die grauen Herren in den Politbüros dieser Welt auch. Und auch die ebenso grauen Herren in den Zentralen der Konzerne. Bleibt nur zu hoffen, daß die aktiven Fußballer dieses Verbandes weiterhin unangepaßt, ungestüm, fortschrittlich, erfolgreich kicken werden. Und die DFB-Mannschaft bunt bleibt, im Wortsinn. Und mithin den modernen Fußball repräsentiert.