Schlagwort: Bürgermeister

Dezennium

Der Bürgermeister ist, so sagt es die Gemeindeordnung in Nordrhein-Westfalen, “verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung und der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften.” Der Bürgermeister ist nicht nur der Chef der Verwaltung, sondern quasi auch der erste Bürger dieser Stadt. Weshalb ihn auch jeder Verein, jede Gruppe, jeder Club, jedes Orchester, jedes Kränzchen, jede Nachbarschaft und alle, die ach so wichtig sind in einer Stadt, sehen wollen bei ihren Versammlungen, Mitgliedertreffen, öffentlichen Veranstaltungen, Konzerten, Meetings, Tagungen und Festivitäten. Morgen seit zehn Jahren, seit dem elften Oktober Zweitausendvier ist Eric Weik nun Bürgermeister in Picswiss_VD-47-72Wermelskirchen. Erfunden hatte ihn vor zehn Jahren ein Bündnis von FDP, WNK, UWG und Bürgerforum. Zuvor hatte die CDU die nahezu unbeschränkte Macht in der Stadt. Fünfundzwanzig Jahre lang war Heinz Voetmann Bürgermeister. Von Neunzehnhundertneunundsechzig bis Neunzehnhundertvierundneunzig. Ein Vierteljahrhundert lang. Sollte wirklich jemand in der Stadt leben, den Heinz Voetmann nicht gekannt, gegrüßt und freundlich behandelt hat? Heinz Voetmann war die CDU, in allen möglichen Funktionen und Gremien. Nur danach, nach Voetmanns Versetzung in den Ruhestand und der Verleihung der Ehrenbürgerwürde ging es bergab mit der christdemokratischen Allmacht. Vor fünf Jahren habe ich hier meinen ersten Artikel über die Kommunalpolitik in Wermelskirchen geschrieben und beklagt, daß die CDU nach Voetmann keinen adäquaten Kandidaten mehr gefunden hatte. “Die von der CDU gestellten Bürgermeister nach Heinz Voetmann haben alle eine Legislaturperi­ode nicht überstanden. Helga Loepp amtierte nur ein Jahr, Heinrich Niehaves und Michael Heck­mann jeweils nur eine Amtszeit. Das Amt des Bürgermei­sters ist aber kein Lehrberuf. Man braucht seine Zeit, um eine Stadtverwaltung führen zu können, die örtli­chen Begebenheiten zu kennen, kulturelle Beson­der­hei­ten zu erfahren, den Menschen, ihren Verei­nen und Organisationen bekannt zu werden, ihre Nöte, ihre Interessen und Sorgen zu erfahren, die wirtschaftli­chen und finanziellen Bedingungen der Stadt zu durchschauen.” Dieser Absatz ist zwar fünf Jahre alt, aber immer noch taufrisch. Das Amt des Bürgermeisters ist kein Lehrberuf. Was man können muß als Bürgermeister, sagt einem keine Schule, keine Universität, gewiß auch keine Partei samt Ochsentour. Ich kenne mich nicht wirklich aus in der Kommunalpolitik. Aber die Lektüre der lokalen Zeitungen und eine Reihe von Gesprächen stützen meine Vermutung, daß mindestens fünfundneunzig von einhundert Vorgängen, mit denen der Bürgermeister zu tun hat, unstrittig, konsensual, einvernehmlich mit den Stadtverordneten, den Mitarbeitern in der Verwaltung und  geräuschlos, ohne öffentlichen Rumor erledigt werden. Nur wenige Projekte sind strittig zwischen Parteien, zwischen Verwaltung und Politik. Dies gilt für Bürgermeister und FDP-Mitglied Eric Weik. Aber ebenso dürfte es für einen Bürgermeister beispielsweise der CDU gelten, der SPD oder der WNK. Mit einem Unterschied. Der amtierende Bürgermeister ist seit zehn Jahren im Amt. Er kennt die Stadt, mittlerweile. Die bergische Denkungsart. Die Vereine und Parteien und Grüppchen. Die Menschen im Rathaus und draußen. Die Unternehmen. Die Stadtteile. Die Institutionen. Die Probleme der Gemeinde, die Vorzüge, die Potentiale. Vor fünf Jahren habe ich hier geschrieben: “Warum also sollte ich dafür sein, jetzt schon wieder einen neuen Bür­germeister zu installieren? (…) Diese Stadt braucht nicht den fünften Bürgermeister seit Heinz Voetmann. Ich bin dafür, daß sich der amtierende Bürger­meister Eric Weik die Belange der Stadt auch in einer zweiten Amtsperiode zu eigen ma­chen kann. Ich bin für Kontinuität in meiner Stadt. Nicht der ständige Wechsel macht Sinn, sondern die be­harrliche und nachhaltige Lösung von Problemen.” Auch diesen Satz finde ich heute noch taufrisch, einzig aus der zweiten muß man eine dritte Amtsperiode machen. Die CDU will den Bürgermeister in der Stadt stellen. Das kann man verstehen in einer Stadt, deren Einwohner man als strukturkonservativ bezeichnen könnte. Aber sie hat keinen Kandidaten. Der Vorsitzende ist zu jung. Die anderen Verantwortlichen sind allesamt bekannt – und nicht wirklich geeignet. Also müßten sich die Christdemokraten jemanden von auswärts holen und ihn im Falle eines Wahlsieges im Training on the Job, wie es neudeutsch heißt, zum Bürgermeister ausbilden. Für die Sozialdemokraten gilt das gleiche. Und für die WNK das nämliche. Eric Weiks Arbeit in den vergangenen Jahren war gewiß nicht fehlerfrei. Aber welcher Bürgermeister konnte und könnte dies für sich  schon behaupten? Es gab und gibt keinen fehlerfreien Bürgermeister, nirgendwo, zu keiner Zeit. Auch Heinz Voetmann war gewiß nicht fehlerfrei. Es gibt keinen fehlerfreien Bürgermeister der SPD, keinen der CDU. Einen Bürgermeister der WNK gibt es ebenfalls nirgendwo. Das sind die Möglichkeiten, die sich in ziemlich genau einem Jahr bieten werden in der Stadt, wenn der Bürgermeister gewählt werden muß: Man kann Koalitionen bilden gegen den amtierenden Bürgermeister, wie beispielsweise vor fünf Jahren, als es die CDU mal mit der SPD probiert hatte, was ordentlich schiefging, erhielt Eric Weik doch fast zwei Drittel der abgegebenen Stimmen gegen die großen Parteien. Oder die größeren Parteien holen sich jeweils einen Kandidaten von auswärts, wobei jeder von denen Wermelskirchen noch gehörig lernen müßte. Oder die Parteien versammeln sich hinter dem amtierenden Bürgermeister. Ich wäre für letzteres. Jeder Bürgermeister, einmal gewählt, ist der Bürgermeister aller Bürger. Unabhängig von Parteizugehörigkeit oder politischen Präferenzen. Es gibt immer noch keinen Grund, wie ich seinerzeit schrieb, “jemanden in das Amt zu hieven, der alle diese Erfah­rungen aufs Neue machen muß, die der amtierende Bürgermeister gerade hinter sich gebracht zu haben scheint. Nicht Eric Weik verdient die (…) Amts­periode, sondern wir, die Bürger dieser Stadt. Wir haben ein Recht auf gewachsene und wachsende Kompetenz an der Spitze dieser Stadt. Wir brau­chen nicht alle Jahre wieder einen neuen Bürgermeister.” Kurzum: Sollte Eric Weik seine dritte Amtsperiode für möglich halten, wäre ein Kunststück der Parteien gefordert. Kommunikation und Verständigung Weikfrageüber eherne Parteigrenzen hinweg und ein gemeinsamer und nachhaltiger Entschluß zur Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister, die nicht in erster Linie den vordergründigen Parteiinteressen dient, sondern dem Wohl der Stadt und ihrer Bürger. Hoffen wird man ja wohl noch dürfen. Oder? Ach, für jene, die es nicht wissen sollten: Ich bin natürlich nicht in der Partei des Bürgermeisters. Nicht in der Partei und gewiß auch nicht in seinem Wahlkampfteam. Ich verwahre seit einiger Zeit das Parteibuch der SPD. Aber ein Parteibuch, ein Mitgliedsausweis kann und soll selbständiges Denken gegebenenfalls auch gegen den Mainstream einer Partei nicht verhindern. Ob meine Partei einen eigenen Bürgermeisterkandidaten hat oder finden will, hat sie noch nicht kundgetan. (© Yverdon: Skulpturen hinter dem Maison d’Ailleurs, Roland Zumbühl (Picswiss), Arlesheim (Commons:Picswiss project) http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:10_(number)?uselang=de#mediaviewer/File:Picswiss_VD-47-72.jpg)

Unterstützung für Christel Reetz

Die Bergische Morgenpost hat die Bürger Wermelskirchens nach ihrer Meinung  zur stellvertetenden Bürgermeisterin Christel Reetz gefragt. Ergebnis: ” ‘Alle’ wollen Christel Reetz wieder zur ersten stellvertretenden Bürgermeisterin haben. Bis in die späten Abendstunden gingen bei der Bergischen Morgenpost (…) Unterstützer-E-Mails ein. Der Tenor: Sympathieadressen an Christel Reetz und Unverständnis über die SPD.” Das Eigentor der örtlichen SPD wird immer peinlicher. Da hat eine Partei eine beliebte Politikerin, verwehrt ihr aber die Fortführung ihres bisherigen Amtes. Ohne jede nachvollziehbare Begründung. Ein Leser bescheinigt der beliebten SPD-Politikerin, “sie habe jahrelange Ratserfahrung (und) sei im Parteiengezänk der vergangenen Jahre stets neutral geblieben.” Und: Ihre Mitgliedschaft in der SPD störe keineswegs. Im Gegensatz zu allen Mitgliedern der streitbefangenen Fraktionen CDU und FDP. SPD-Fraktionsvorsitzender Jochen Bilstein sehe aus “aus falscher Treue zu den Krakeelern der CDU nicht, dass durch Frau Reetz ein positives Licht auf die SPD fallen könnte. Das übersieht dieser völlig ungeeignete Kommunalpolitiker.” Die Kritik der Leser am Vorgehen des Fraktionsvorsitzenden ist so massiv wie die Unterstützung für Frau Reetz. Die SPD hat offenbar immer noch kein Ohr am Bürger und die Fraktionsspitze handelt wie ein selbstreferentieller Autist. Ich höre jetzt schon, daß die SPD-Verantwortlichen, jedenfalls aber Jochen Bilstein, diese Leserbefragung der Morgenpost mal wieder als Wahlkampffortsetzung der Bergischen Morgenpost diffamieren werden. Tja, da zitieren wir doch lieber noch einmal Seneca, den Jüngeren: “Man muß so lange lernen, als man unwissend ist – also ein Leben lang, wenn wir dem Sprichwort glauben. Daraus ergibt sich zwingend der folgende Gedanke: Man muss ein Leben lang lernen, wie man das Leben gestalten soll. […] Ich zeige durch mein Beispiel, dass man auch im Alter noch zu lernen hat.” Ich jedenfalls setze noch auf die Lernfähigkeit der örtlichen Genossen. Und die (Partei-)Wüste ist der falsche Platz für Christel Reetz.

Danaer Geschenk – Trojaner für die SPD

Jetzt müssen auch noch der arme Seneca herhalten und die griechische Mythologie. In einem offenen Brief an Bürgermeister Weik erläutert der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Wermelskirchener Stadtrat, Jochen Bilstein, heute die Gründe für die Ablehnung des Angebotes, die Sozialdemokratin Christel Reetz erneut zur stellvertretenden Bürgermeisterin zu wählen. Dieses Angebot nämlich sei ein “Danaer Geschenk”.

Ein Danaergeschenk ist ein Geschenk, das dem Empfänger Unheil zufügt und Schaden anrichtet. Bildungsbürger Bilstein zitiert den römischen Philosophen Seneca (den Jüngeren) mit den Worten: „Danaum fatale munus“, ein verhängnisvolles Danaer Geschenk. Danaer, das waren die Griechen, die den Trojanern ein hölzernes Pferd zum Geschenk machten, mit dessen Hilfe die Griechen dann die Stadt Troja erobern konnten. Jeder kennt die Geschichte. Jochen Bilstein hätte auch Vergil zitieren können: „Equo ne credite, Teucri. Quidquid id est timeo Danaos et dona ferentes.“ (Traut dem Pferde nicht, Trojaner. Was auch immer es ist, ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.) Soweit der Bildungsabschnitt im offenen Brief Bilsteins an den Bürgermeister. Der Rest ist Politik. Schlechte Politik.

Die Danaernatur des Geschenks an die örtliche SPD, sei, so Jochen Bilstein, daß die Redakteurin der Bergischen Morgenpost, Gundhild Tilmanns, mit der Ablehnung des Geschenks “ihre Pressekampagne gegen uns mit eben diesem Geschenk fortgesetzt” habe. Lassen wir mal beiseite, ob Journalisten immer schreiben müssen, was Politiker gerne läsen; lassen wir einmal beiseite, daß Politiker, auch die der SPD, im Wahlkampf eine veritable Kampagne gegen die Bergische Morgenpost und mithin auch gegen die Pressefreiheit gefahren haben; lassen wir einmal beiseite, daß diese Kampagne von teils albernen, teils jedoch miesen, historisch falschen, anstandslosen Formulierungen getragen waren – lassen wir also mal beiseite, daß, wenn überhaupt, Verletzungen des Gemüts bestenfalls auf beiden beteiligten Seiten zu finden sein werden: Eine Fortsetzung der “Anti-SPD-Kampagne” der Morgenpost hätte es ja nicht geben können, wenn die SPD sich nicht im Schmollwinkel eingerichtet hätte und der Wahl von Christel Reetz zustimmen würde. Insoweit hinkt der Bilstein’sche Vergleich mit der griechischen Mythologie. Besser wäre gewesen, sich des alten Voltaires zu erinnern: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Und wenn schon Seneca, dann so: „Homo sum, humani nil me alienum puto.“ (Ich bin ein Mensch und nichts Menschliches ist mir Fremd.) Dies fröhlich aufsagend den Schmollwinkel verlassen und wieder mitspielen, das wärs gewesen. Und wenn man dann schon mal den tiefen Griff in den Zitatenschatz Senecas vornimmt, dann hätte das folgende nicht überlesen werden dürfen, denn in seiner Schrift “Über den Zorn” geht es um Affektkontrolle: „Du hast mich genötigt darüber zu schreiben, wie der Zorn beschwichtigt werden kann, und es scheint mir, dass du aus berechtigtem Grund besonders diese Leidenschaft fürchtest, da sie unter allen die scheußlichste und verheerendste ist. Denn alle anderen verbinden sich noch mit einem gewissen Maß an Ruhe und Gelassenheit; diese hingegen geht ganz und gar auf in Aufregung und heftigem Verlangen, sie rast und sehnt sich ganz unmenschlich nach Verwundungen … Es ist das Beste, die erste Regung des Zornes sogleich zu ignorieren und sich gegen die Anfänge zu wehren. … Denn wenn der Zorn begonnen hat, uns vom rechten Weg abzubringen, so ist die Rückkehr zur seelischen Gesundheit schwierig, weil die Vernunft nichts mehr ausrichten kann, sobald die Leidenschaft einmal eingezogen und ihr durch unseren Willen ein gewisses Recht gewährt worden ist. Sie wird von nun an alles tun, was sie will, nicht nur das, was man ihr gestattet.“ Keine Sorge, wir sind noch in der Abteilung Politik. Schlechte Politik, weil sie teils vom Zorn getragen ist. Gar nicht so schlecht, mal bei den römischen Philosophen nachzusehen.

Noch etwas macht nach Jochen Bilstein die Danernatur des Geschenks aus: „Hätten wir das Angebot jedoch angenommen, so wären wir zum Knüppel gegen die CDU–Fraktion geworden, mit der wir, wenn auch von den Wählern dafür bei der Kommunalwahl abgestraft, über viele Monate vertrauensvoll zusammengearbeitet haben und die als größte Fraktion im Rat nicht völlig unbegründet ein solches Amt für sich reklamiert.“ Aha. Die CDU also soll den stellvertretenden Bürgermeister stellen dürfen. Der andere Wahlverlierer. Nach der  vorletzten Kommunalwahl war das aber alles nicht anders, auch damals war die CDU die größte Fraktion, die SPD stellte aber die stellvertretende Bürgermeisterin. Wie kann man das erklären? Was ist heute anders als 2004, außer, daß CDU und SPD weiter eingebrochen sind? Reicht die Wahlkampfabsprache zwischen SPD und CDU über den Wahltermin hinaus?

Wer, wie die SPD, eine Wahlniederlage zu verkraften habe, der solle, so Jochen Bilstein, „sich an alte Fehler erinnern um neue zu vermeiden“. Was bedeutet das? War es ein Fehler, 2004 Christel Reetz zur stellvertretenden Bürgermeisterin wählen zu lassen? Bislang war davon nirgends und niemals die Rede. Aus all diesen Gründen habe die SPD-Fraktion beschlossen, zu allen anderen Fraktionen den gleichen Abstand zu halten und die sachliche Zusammenarbeit mit allen Gruppierungen im neuen Rat auf gleicher Augenhöhe anstreben zu wollen.

Es folgen eine weitere Breitseite gegen Frau Tillmanns sowie die Qualifizierung des Angebots von Bürgermeister und den ihn tragenden Parteien als “Diktatfrieden”.

Tja. Und nun?

Fragen an die hiesige SPD-Fraktion

Heute Vormittag hat mich die örtliche SPD erneut ratlos hinterlassen. Warum will sie nicht, daß eine der Ihren, Christel Reetz erneut zur stellvertretenden Bürgermeisterin in Wermelskirchen gewählt wird? Hat Christel Reetz ihr Arbeit nicht gut oder nicht genug gemacht? Wenn ja, was hat sie sich zu Schulden kommen lassen? Haben die anerkennenden und lobenden Bewertungen des Bürgermeisters eine Rolle beim SPD-Fraktionsbeschluß gespielt? Ist sich die komplette SPD-Fraktion darin einig, keine stellvertretende Bürgermeisterin mehr stellen zu wollen? Gab und gibt es in der SPD-Fraktion keine Befürworter mehr für Christel Reetz? Was sagt der Ortsvereinsvorstand zum Beschluß der SPD-Fraktion? Teilt er die Auffassung der Fraktion oder der Fraktionsspitze? Wußte er von dem Beschluß? Was sagen die Mitglieder der SPD zu dem Beschluß ihrer Fraktion? Hat man ein Mitgliedervotum eingeholt? Gab es irgendeine Form der Befragung? Hat man sich SPD-intern vielleicht schon in der Vergangenheit kritisch mit der Amtsausübung von Christel Reetz auseinandergesetzt? Gab es dort einen Meinungstrend? Welche Verantwortung trägt Christel Reetz für das desaströse Wahlergebnis?

Fragen über Fragen. Fragen, die erst durch die ausgesprochen dürre Erklärung der Fraktion ausgelöst werden. Eine Fraktionserklärung, die sämtliche Beobachter ratlos macht, auch die wohlmeinendsten. Thomas Wintgen im heutigen RGA: “Jetzt scheint auch die Fraktion Geschmack an der Talfahrt gefunden zu haben.”

Beratungsresistenz löst die lokalen SPD-Probleme nicht.

Ins Aus manövriert

“Zählgemeinschaften etwa im Zusammenhang mit der Wahl der stellvertretenden Bürgermeister wird es mit der SPD-Fraktion in der kommenden Ratsperiode definitiv nicht geben.” So zitieren beide Lokalzeitungen heute morgen einen Beschluß der Wermelskirchener SPD-Fraktion. Was so dürr formuliert wurde, bedeutet praktisch eine gewaltige Zäsur im Wermelskirchener Politikbetrieb: Christel Reetz, sozialdemokratisches Urgestein in Wermelskirchen, wird wohl kaum mehr stellvertretende Bürgermeisterin bleiben können. Obwohl Bürgermeister Weik wie die ihn tragenden Ratsfraktionen genau das vorgeschlagen haben. “Christel Reetz war eine sehr gute Stellvertreterin.” Mit diesen Worten zitiert die Bergische Morgenpost Bürgermeister Weik. Sie habe in der vergangenen Wahlperiode eine hervorragende und vor allem auch überparteiliche Arbeit geleistet, wie es dieses Amt erfordere.

Was ist bloß in die örtliche SPD gefahren? Läßt es sich im Schmollwinkel wirklich so gut leben? Hat die SPD noch so viele politische Persönlichkeiten im Ärmel, mit denen sich nach der desaströsen Kommunalwahl noch Staat oder Stadt machen läßt? Kann man das miserable Ansehen, das die SPD derzeit in der Bevölkerung genießt, mit Fundamentalverweigerung wirklich verbessern? Fängt so wirklich die Aufarbeitung des katastrophalen Kommunalwahlergebnisses in Wermelskirchen an?

Ich kann nicht glauben, daß in dieser Angelegenheit das letzte Wort schon gesprochen worden ist.

Rechenkünste, Stillstand und der Bürgermeister

Udo Teifel hat gerechnet: eine Wahrscheinlichkeitsberechnung in der Bergischen Morgenpost, welche Koalitionen im Wermelskirchener Stadtrat möglich sind. Das Ergebnis, kurz zusammengefaßt: Am wahrscheinlichsten sei die Zusammenarbeit der Grünen mit dem Block der Parteien, die Bürgermeister Weik unterstützt haben, also WNKUWG, Bürgerforum und FDP. Zwar seien nicht alle grünen Fraktionsmitglieder vorbehaltlos auf der Seite des Bürgermeisters, aber bei entsprechendem Geschick des Bürgermeister und der Vertreter des Parteienblocks müsse eine Zusammenarbeit möglich sein, zumal es eine gehörige Schnittmenge bei den politischen Positionen gebe. Für weniger wahrscheinlich hält Teifel die Zusammenarbeit von CDU, SPD und Grünen, weil es in der Fraktionen der Grünen doch auch Mißtrauen gebe. Eine Zusammenarbeit der “Bürgermeister-Parteien” mit der CDU hält Teifel für unwahrscheinlich, weil die Gräben aus der Vergangenheit zu tief seien und aus dem Bürgermeisterblock bereits die Forderung zu lesen gewesen sei, mit der CDU unter den Granden Bosbach und Schmitz sei Kooperation nicht möglich.

Das mag alles plausibel gerechnet sein. Allein: Es ist die Fortsetzung des Fingerhakelns, das die Bürger in den letzten Wochen so sehr verdrossen hat. Weiterlesen

Mir reicht’s…

Ich bin 58 Jahre alt und lebe seit nunmehr 30 Jah­ren in Wermelskirchen. Kommu­nale Poli­tik nehme ich vor allem über die Berichter­stattung der beiden lokalen Zeitun­gen  wahr.  Einer Partei gehöre ich nicht an, ich schreibe keine Leserbriefe und ich mische mich nicht ein. Mein Interesse an kommu­nalen Vorgängen dürfte so eingeschränkt sein wie bei vielen ande­ren Bürgern dieser Stadt auch. Und, ich gebe es gerne zu: Von vielen Dingen, die auf komm­una­ler Ebene ge­regelt werden müssen, habe ich nicht genug oder keine Ahnung.

Was man aber nun in den vergangenen Monaten le­sen konnte vom Verhalten der Parteien hier in mei­ner Heimat­stadt,   macht mich  aus­gespro­chen zor­nig: „Schlagab­tausch auf beispiellos niedrigem Ni­veau“ nannte das beispielsweise die Bergische Morgenpost, was sich Kommunalpolitiker im Ausschuß für Stadtentwicklung und Verkehr lei­steten. Es geht, natürlich, um den sich entwic­kelnden Kom­munal­wahlkampf. Ob Ausschuß, Rat oder Leserbrief­spalte, kein Ort bleibt frei von Wahlkampftiraden.

Man kann für oder gegen den Bürgermei­ster Eric Weik sein; man kann ihn be­kämpfen; man kann die Leitung der Stadtverwaltung und die politische Führung in der Stadt in andere Hände übertragen wollen: das alles ist legitim. Man kann das auch alles auf dem Ni­veau tun, das derzeit die politische De­batte in unse­rer Stadt kennzeichnet. Auch legi­tim. Aber nicht klug. Denn damit wird man den Bürgern Wermels­kirchens nicht gerecht. Die Menschen in der Stadt sind klüger und feinfühli­ger, als sich das manch grobschlächtiger Lokal­politikus so vorstellen mag. Weiterlesen