Schlagwort: Anstand

Ansturm

Wie die Dinge heute in der Welt liegen, haben wir es ja auch mit dem Ansturm des vermeintlich Simplen auf das in Wahrheit Vertrackte zu tun, mit den Attacken der Plattheit auf das Nachdenkliche, und mit dem Feuer der Wut, das alles Schwierige niederbrennen soll.

Axel Hacke, Über den Anstand in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wir miteinander umgehen, Seite Vierundzwanzig, München Zweitausendsiebzehn, (Verlag Antje Kunstmann)

Friseure – zum Haareraufen

1 Euro und 50 Cent pro Stunde, fürs Haareschneiden. Nicht für die Frisur, sondern für den Friseur oder die Friseurin. Klar, in Leipzig oder Dessau. Nein. In Köln, Bergheim oder Gummersbach. Sozusagen nebenan, also hier, mitten unter uns. Das hat eine Razzia des Hauptzollamtes gestern in Köln und den angrenzenden Landkreisen zu Tage gefördert. Mal eben grob gerechnet: 40 Stunden in der Woche, vier Wochen im Monat, das macht etwas mehr als 160 Stunden und einen Lohn von circa 250 bis 350 Euro. Die Haare stehen einem zu Berge angesichts solcher Zahlen. Ich weiß nicht, ob Friseure überwiegend gute Christen sind. Aber kann ein Arbeitgeber sonntags wirklich guten Gewissens in die Kirche gehen, wenn er seine Angestellten mit solchen Hungerlöhnen rasiert? Es ist zum Haareraufen, wie der Gesellschaft so nach und nach der Anstand ausgetrieben wird. Die Armut ist angekommen, hier, in der Mitte der Gesellschaft. Und die Aufregung, die Empörung, die Wut hält sich in Grenzen. Leider. Mir sieht man an, daß ich Friseure seit Jahren nicht wirklich brauche. Aber: Ginge ich zum Friseur, ich würde mich von Stund an erkundigen, was denn so an Lohn gezahlt wird, und im Zweifel die Haare behalten.

Krankes Gesundheitssystem

“Kopfprämien” für Ärzte, die Patienten in Krankenhäuser einweisen – das nicht mehr nur als Einzelfälle, wie noch vor wenigen Jahren -, “Fangprämien” bei der Zusammenarbeit mit Sanitätshäusern und Hörgeräteakustikern, “Kick-Back-Geschäfte” zwischen Internisten und Röntgenärzten, Dentisten und Zahnlaboren oder Orthopäden und Schuhmachern – Wild-West und Korruption im Gesundheitswesen. Laut der Korruptionsexpertin der Krankenkasse KKH-Allianz, Dina Michels, sei das “Ausmaß der Ärztebestechung noch weit größer als bislang bekannt”.

Und alles bezahlt von Patienten und Krankenkassenbeiträgen. Die, denen es nicht so schlecht geht oder sogar gut, nehmen es denen ab, die leiden, denen, die nicht so viel haben und sich nicht viel leisten können. Patientenwohl? Mal wieder: In Teilen unserer Gesellschaft geht es ohne jeden Anstand zu. Oben eher als unten.

Anstandslos

Heute Abend, im Stau auf der Autobahn, Nachrichten auf WDR5: Das Amtsgericht Essen hat das Insolvenzverfahren über den Arcandor-Konzern eröffnet, Karstadt, Quelle und viele andere Tochterunternehmen sind betroffen. Nun, die Nachricht kennt man, also nur halb hingehört. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick dankt nach nur halbjähriger Leitung des Konzerns ab. Gut so, denke ich noch. Dann aber: Als Abfindung erhält Eick 15 Millionen Euro! Was? 15 Millionen Euro für nur sechs Monate Leitung eines abgewirtschafteten Unternehmens?

Die Gesellschaft Arcandor war und ist offenbar ohne jeden Anstand, die Gesellschaft Bundesrepublik Deutschland aber auch, wenn eine solche Regelung möglich ist. Womöglich werden Tausende von Mitarbeitern ihren Arbeitsplatz verlieren, der Unternehmenschef aber streicht eine mehr als fürstliche Belohnung ein. Für was eigentlich? Was muß denn noch passieren in diesem Land, damit Anstand, Gerechtigkeit, Augenmaß, soziale Verantwortung, Vorbilder wieder möglich werden? Wie soll man Kindern und Jugendlichen diese und andere Werte vermitteln, soziale und ethische, wenn die Eliten der Gesellschaft sich als überaus maßlos und gefräßig und gierig und unanständig und selbstsüchtig und unsolidarisch und ungerecht erweisen?

Da hilft es gar nichts, daß Eick nunmehr ein Drittel seiner Abfindung an die Belegschaft spenden will. Gegen Steuerabzugsbescheinigung vermutlich.

Einkassiert

Ein Kommentator zu meinem Beitrag Am Tiefpunkt hat beschrieben,  daß für ihn auf der SPD-Homepage nur ein Stopschild zu sehen sei. Und damit hat er vollkommen Recht. Man sieht nur ein Stopschild. Jetzt. Nachdem ich nämlich den Beitrag hier im Block scharf kritisiert habe. Zuvor stand dort: Stop Frau Tillmanns. Die klugen Verantwortlichen des SPD-Ortsvereins haben die Überschrift flugs kassiert und aus dem Artikel eine “persönliche Stellungnahme” gemacht. Nicht kassiert haben die SPD-Verantwortlichen hingegen den unverantwortlichen Vergleich der BM mit “Parteiblättern früherer kommunistischer Diktaturen”. Ist der Fraktionsvorsitzende der SPD nicht Lehrer für Geschichte? Vielleicht wäre ein privates Kolloquium mit dem veritablen Professor lohnend, der diesen Unsinn verzapft hat. Der Verfasser hüllt sich im übrigen immer noch in Schweigen. Auch zu seinem Satz, die Artikel von Frau Tillmanns seien “mit Müll gefüllte Wortcontainer”. Das hat mit Parteipolitik nichts mehr zu tun, eher mit Anstand.

Es geht auch anders

In Leverkusen ist auch Wahlkampf. Aber offenbar ganz anders als hier in Wermelskirchen. Für das Amt des Oberbürgermeister kandidieren dort der Amtsinhaber Ernst Küchler (SPD) und Reinhard Buschhorn für die CDU. Am vergangenen Samstag schrieb die Rheinische Post in Leverkusen: “Dass Reinhard Buchhorn und Ernst Küchler Gegner im (Wahl-)Kampf ums Oberbürgermeisteramt sind – wüsste man’s nicht, man spürte es kaum. Kein unsachliches verbales Hauen und Stechen, keine Beleidigungen auf persönlicher Ebene, kein Ausschlachten von vermeintlichen Fettnäpfchen des anderen. Skandalverdächtig ist das nicht. Soll es auch nicht sein. Die beiden wohl aussichtsreichsten Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters wollen durch Themen, Ideen, Entscheidungen punkten – nicht durch Klatsch.”

Fragen an Professor Jürgen Scherkenbeck

Diese Frage haben Sie heute an Frau Tillmanns von der Redaktion der Bergischen Morgenpost gestellt:

“Warum sind Sie sich nicht einmal zu schade, einem ehemaligen DKP-Mitglied eine ganze Seite in der RP einzuräumen, um seine Abneigung gegen einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten von SPD und CDU auszubreiten?”

Mit dieser infamen und anzüglichen Frage an Frau Tillmanns haben sie ja wohl mich gemeint. Weiterlesen

Am Tiefpunkt

Es kann nur noch aufwärts gehen mit der örtlichen SPD. Denn sie ist am Tiefpunkt angelangt. Auf der SPD-Homepage betreibt sie infamste Presseschelte. “Stop Frau Tillmanns”, heißt es dort. SPD und CDU sind nicht einverstanden mit der Berichterstattung über die lokalen Vorgänge um den Loches-Platz und den Wahlkampf. Im Fazit des SPD-Beitrags heißt es unter anderem, die “unerträgliche(n) Einseitigkeit der lokalen Berichterstattung” erinnere zunehmend “an die Parteiblätter früherer kommunistischer Diktaturen”.

Gewiß kennt der Verfasser des Pamphlets, ein veritabler Professor, Parteiblätter kommunistischer Diktaturen nicht wirklich gut. Denn sonst hätte er sich zu einer solch infamen Formulierung kaum hinreißen lassen. So ist das, wenn man mit Schaum vor dem Mund schreibt. Weiterlesen