Tag: 9. Januar 2017

Vom Tweedsakko, dem doppelten Lottchen und der Taubernuß

“Er redet teilweise wie Herr Gauland von der AfD. Der einzige Unterschied besteht darin, dass er statt eines abgewetzten Tweed-Sakkos einen überteuerten Maßanzug trägt.” Er, damit war in der Polemik des CDU-Generalsekretärs, Peter Tauber, in der Bild am Sonntag, Christian Lindner gemeint, der Vorsitzende, Chefdenker, Alleinunterhalter und Lautsprecher der FDP. FDP? Ja. Freie Demokratische Partei. Einst eine liberale Partei, seit den fünfziger Jahren an fast jeder Bundesregierung mit wechselnden großen Partnern beteiligt, dann aber, bei der letzten Bundestagswahl, von den Wählern abgewählt, aus dem Bundestag abberufen worden. “Der Grund, warum die FDP damals aus dem Bundestag geflogen ist,” so General Tauber weiter, “war nicht die CDU, sondern sie (die FDP, W.H.) selbst. Und mit seinem selbstherrlichen Auftreten tut Herr Lindner gerade alles dafür, dass sie es wieder nicht schafft. Dann wäre die FDP erledigt.” So das ganze Zitat des Sekretärs. Und wenn man mal von dem eher unmodischen Bekleidungsvergleich absieht, scheint mir der Generalsekretär nicht so ganz falsch zu liegen. Christian Lindner ist gewiß nicht phrasenfrei. Und Populismus kann er auch. Für seine Bewertung bekommt Tauber nun Haue von allen Seiten. Aus der FDP wird ihm “Taubernuß” nachgerufen und einzelne CDU-Größen distanzieren sich vorsichtig von ihrem Generalsekretär. Der zweite AfD-Vergleich, mit dem Peter Tauber im gleichen Zusammenhang aufwartete, der wird indes keineswegs in Frage gestellt oder kritisiert. Sarah Wagenknecht, die Spitzenfrau der Partei Die Linke und AfD-Chefin Frauke Petry seien “das doppelte Lottchen des Populismus in Deutschland”, die Linkspartei generell “eine rote AfD”. Kein Aufschrei, keine Kritik, kein öffentliches Wort, kein Wutschnauben bei jenen, die im Falle der FDP noch kaum zu bändigen waren. Wie gehabt in unserem Land: doppelte politische Moral. Im Westen nichts Neues.