Tag: 11. Juli 2016

Wer Schmetterlinge lachen hört

Ja, das hat man Neunzehnhundertsiebenundsiebzig in Deutschland gesungen. Novalis hieß die Band. Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken. Der wird im Mondschein, ungestört von Furcht, die Nacht entdecken. Wer in sich fremde Ufer spürt
und Mut hat, sich zu recken, der wird allmählich, ungestört von Furcht, sich selbst entdecken. Das wird man auch Zweitausendsiebzehn noch spielen und singen (müssen), nehme ich an, vierzig Jahre, nachdem sich Novalisgitarrist Carlo Karges diese Verse hat einfallen lassen.

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken.
Der wird im Mondschein ungestört
von Furcht, die Nacht entdecken.

Der wird zur Pflanze, wenn er will,
zum Stier, zum Narr, zum Weisen.
Und kann in einer Stunde
durchs ganze Weltall reisen.

Der weiß, dass er nichts weiß,
wie alle anderen auch nichts wissen.
Nur weiß er, was die andern
und auch er selbst noch lernen müssen.

Wer in sich fremde Ufer spürt,
und Mut hat sich zu recken,
der wird allmählich ungestört
von Furcht, sich selbst entdecken.

Abwärts zu den Gipfeln
seiner selbst blickt er hinauf,
den Kampf mit seiner Unterwelt
nimmt er gelassen auf.

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken.
Der wird im Mondschein ungestört
von Furcht, die Nacht entdecken.

Wer mit sich selbst in Frieden lebt,
der wird genauso sterben
und ist selbst dann lebendiger
als alle seine Erben.

Ästhetik eines Mörtelrührers

Dass Portugal gewinnt, eine Mannschaft mit der Ästhetik und fußballerischen Ambition eines Mörtelrührers, ist die passgenaue Schlusspointe einer grausam missglückten EM. Gewonnen hat der trostlose Effizienz-Fußball, gewonnen haben Funktionäre, Wettanbieter und Mentaltrainer. Und wahrscheinlich, in der Tipprunde im Büro, ein Typ, der sich “Vollpfosten96” nennt. Es ist alles so traurig.

Gerhard PatzigBeckmanns “Sportschule”, der Lichtblick dieser EM. TV-Kritik, in: Süddeutsche Zeitung vom elften Juli Zweitausendundsechzehn