Tag: 25. Mai 2015

ESC

ESC? Escape oder Eurovision Song Contest? Letzteres. Wobei Escape, also Flucht, auch keine schlechte Lösung gewesen wäre. Hier ein paar Ausschnitte aus einer Kritik von Hans Hoff unter dem Titel: ESC-Finale in Wien. Ein Hauch von Nichts in der Süddeutschen Zeitung von gestern.

Zu deutlich wurde in Wien, dass der ESC musikalisch vorwiegend auf ganz kleiner Flamme kocht. Nachdem es im vergangenen Jahr mit dem Sieg von Conchita Wurst so etwas wie ein kollektives Erweckungserlebnis gegeben hatte, präsentierte sich die Show nun wieder als das, was sie in den meisten müden Jahren war, eine beliebig wirkende Aneinanderreihung von mehrheitlich lauwarmen Liedern, deren musikalische Substanz jenseits der ESC-Bühne kaum noch nachweisbar scheint.
In Sachen Belanglosigkeit machen auch die Erstplatzierten keine Ausnahme. Nicht nur Schweden, Russland und Italien haben als Spitzentrio wenig zu bieten, auch hochplatzierte Titel wie die von Belgien und Australien sind letztlich nur kalkulierte Songkonstruktionen, die ohne die visuelle Unterstützung einer großartigen Technik in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus im Sturm.
Letztlich aber passte das zur Gesamtvorstellung in Wien. Der ESC 2015, das war ein Platz, an dem viele schlechte Lieder aus ganz Europa vorübergehend Asyl fanden.
Wären die Lieder so tiefgründig wie die Dekolletees, die in diesem Jahr vorzugsweise bis auf Bauchnabelhöhe geöffnet wurden, könnte man dem ESC durchaus Substanz bescheinigen. Aber an Substanz ist beim ESC bekanntlich niemand interessiert. Dieser Wettbewerb ist für den schnellen Verzehr gedacht. Nachhaltigkeit kann hier niemand gebrauchen. Nachhaltigkeit würde die Folgeveranstaltung im kommenden Jahr nur stören.