Tag: 31. Januar 2015

Wir müssen unseren Garten bestellen

Cela est bien dit mais il faut cultiver notre jardin. Gut gesagt, aber wir müssen unseren Garten bestellen. François-Marie Arouet verdanken wir diese wuchtige Weisheit. Einem der oder dem größten Denker unseres Nachbarlandes Frankreich, bekannt unter dem Namen Voltaire. Vorbereiter und Begleiter der französischen Revolution, Erzähler und Philosoph, Kirchenkritiker, auch Königlicher Kammerherr am Hof des Königs Friedrich des Zweiten von Preußen, KäIMG_1956mpfer für die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz,  bekannt für Ironie und sarkastischen Witz befindet sich neuerdings wieder an der Spitze der französischen Literaturcharts, der Bestsellerliste, und zwar mit seiner Abhandlung über die Toleranz. Zweihundertsiebenunddreißig Jahre nach seinem Tod und zweihundertzweiundsechzig Jahre nach Erscheinen der Schrift. Die Attacke auf Charlie Hebdo macht es möglich. Das mache dem großen Philosophen mal jemand nach. In der Buchhandlung van Wahden am Markt hier in Wermelskirchen kommt man an Voltaire jedenfalls auch nicht vorbei. Gottlob.

 

Demontiert

Neujahrsempfang der CDU im Rathaus. Heute vormittag. Eine rundum gelungene Präsentation der örtlichen CDU. Der Ratssaal ist voll, rappelvoll. Mehr als hundert Menschen haben sich eingefunden. Christdemokraten, Mitglieder anderer Parteien, Ratsvertreter, Interessierte. Flskitcheißige Helfer der Jungen Union schaffen noch zusätzliche Stuhle heran für den unerwarteten Andrang. Soweit, so gut. Ein voller Saal. Die Wand aber ist leer. Die Wand, die eigentlich 1796953_815332655149848_129317311_ovoll ist. Voller Bilder nämlich. Bilder, Fotografien der Bürgermeister. Demontiert. Die Ahnenreihe der Bürgermeister, abgehängt von der CDU. Warum nur? Wollte man den deutlichen Bilderzeig nicht, daß die CDU schon viele, viele Jahre den Bürgermeister nicht mehr stellt? Der letzte, buchstäblich, in der Reihe, der Bildergalerie, ist der gewesene Bürgermeister Heckmann. Christdemokrat. Der Letzte. Aber: Wer kann sich noch erinnern? Im Kommunalwahlkampf noch hat man auch im Rathaussaal getagt. Vor nicht einem Jahr. Unter den Portraits der Bürgermeister. Klaglos.

P.S. Christian Klicki liest mich. Der junge und erfolgreiche Vorsitzende der hiesigen CDU. Und soeben weist er mich darauf hin, daß nicht die CDU die Bürgermeisterportraits hat abhängen lassen. Bürgermeister Weik habe einen prominenteren Platz im großen Ratssaal gefunden. Meine Spekulation ist also kaum mehr als eine ungedeckte Spitzfindigkeit. Eine Frage bleibt: Werden wir im September ein Portrait von Eric Weik im großen Ratssaal bewundern können? Oder bleibt es bei der imposanten Reihe ehemaliger Stadtchefs?

Prokrastination

Fast jeder kennt das. Die meisten jedenfalls. Dem leeren Kopf entspricht das leere weiße Blatt, das vor einem liegt. Das leere weiße Blatt ist eine bildliche Entlehnung aus alten vergangenen Zeiten, sozusagen aus der Tintenzeit des Schreibens, der Farbbandzeit. Fast jedem Zustand, fast jedem Umstand wird ein mitunter schrullig bis geheimnisvoll klingendes Fremdwort zugedacht, das interessant macht, aufwertet, adelt, was aus der mit dem deutschen Nomen verbundenen Trivialität herausführt. So kann sich die schlichte Schreibhemmung hinter der phänomenal klingenden Prokrastination verstecken. Ich prokrastiniere. Ich schaffe es nicht, immer wieder nicht, das leere weiße Blatt zu füllen. Sinnvoll zu füllen. Erledigungsblockade heißt man das. Bummelei. Was ist das gegen die hochtrabende Prokrastination? Ich sitze, bildlich gesprochen, inmitten zerknüllter weißer Blätter mit Anfängen, Bruchstücken, Textfragmenten, allesamt verworfen, allesamt für schlecht empfunden, allesamt mißraten. Schreibhemmung. Nein: Prokrastination.