Salonfähig

Salonfähig, welch schönes Wort. Jemand ist tauglich, einen Salon zu besuchen, sich in der Gesellschaft sehen zu lassen. Sittsam ist der, dem man Salonfähigkeit attestiert, schicklich, gesellschaftsfähig, manierlich, respektabel. Nicht salonfähig sind die Schmuddelkinder, einst von Franz-Josef Degenhardt besungen. Sind, in der kommunalpolitischen Wirklichkeit, die AfD-Mitglieder im Stadtrat die Schmuddelkinder? Nicht salonfähig und auszugrenzen? Vom Ausgrenzen halte ich gar nichts. Es ignoriert, daß hinter den beiden AfD-Stadträten Wähler stehen, die in demokratischen Wahlen ihre Interessen am besten bei diesen Newcomern aufgehoben sahen. Man kann Wählergruppen nicht ausgrenzen. Und solange die Aktivitäten einer neuen Partei nicht ausdrücklich gegen den Kernbestand der Verfassung unserer Republik gerichtet sind, gehört sie auch zu den Parteien im Land, denen man nicht mit Ausgrenzung begegnen soll. Eine national-konservative Partei, europaskeptisch gewiß, rechtspopulistisch vermutlich auch, marktradikal ganz sicher, neoliberal und wohlstandschauvinistisch befindet sich durchaus noch im Rahmen dessen, was von den Gesetzen dieses Landes und seiner Verfassung gedeckt ist und als schutzwürdig angesehen werden kann. Man wird gewiß die eine oder andere Forderung und Parole der AfD für unappetitlich, für unanständig halten können. Die eine Funktionärin oder den anderen Oberhäuptling dieser Partei vielleicht auch. Soweit deren Laden aber die Grenzen der Gesetze nicht überschreitet, sondern bestenfalls die der Schicklichkeit, des Anstandes, solange werden wir mit Ausgrenzung der Partei und ihrer Funktionäre den Wählern nicht gerecht. Man muß ihre Thesen bekämpfen, aufweisen, daß ihre Hauptforderungen fremden- und minderheitenfeindlich sind,  ihr Familienbild von vorvorgestern ist, ihre ökonomischen Positionen die Interessen der Mehrheit in diesem Land verletzen, daß sie weit hinter dem Land herhinken und keineswegs moderne Antworten auf die Probleme des Landes und auch der Stadt haben. Der Unsinn ihrer Positionen muß öffentlich deutlich werden. Ein Dilemma ist, daß beispielsweise der Herr Stadtrat Andreas Müßener, so nennt er sich mittlerweile, von der AfD Stadtverordneter ist und zwar auch meiner. Nicht nur der seiner Wähler. Er ist unser aller Stadtrat. Obwohl er sich, dort, wo man es lesen kann, in zwei Facebookgruppen zur Wermelskirchener Kommunalpolitik vor allem, als ein junger Mann jenseits aller Manierlichkeit erweist, als selbstgefällig, selbstgerecht-überheblich, früher nannte man solche Schnösel, der Menschen, die anderer Auffassungen sind als er, in unhöflich-rüder Weise attackiert, belehrt, zensiert, zurechtweist, sogar Interpunktionsfehler zum Thema macht, kurzum: fast täglich zeigt, wie gering die Erfolge bürgerlicher Erziehung mitunter sein können. Sind die beiden Stadträte der AfD also salonfähig? Schicklich? Manierlich? Nein. Zumindest einer von Ihnen nicht. Der andere ist öffentlich noch so gut wie nicht in Erscheinung getreten. Zur Salonfähigkeit ist es noch ein gutes Stück Weg. Aber ausgrenzen? Aus politischen Gründen nicht. Und weil sich ein Stadtrat  dieser neuen Partei zumeist im Ton vergreift, an Selbstüberschätzung leidet, über keinerlei kritische Distanz zum eigenen Handeln verfügt? Nein. Erziehung geht eben manchmal fehl.

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