Monat: Mai 2014

Paulus’ Näschen

Heute ist mein Tag. Nicht wegen des einunddreißigsten oder weil Samstag ist und Wochenende. Nein, heute ist der Weltnichtrauchertag. Und zu dieser Mehrheit der Nicht(mehr)raucher gehöre ich ja seit dreizehn Monaten. Freiwillig zwar, aber irgendwie auch gezwungen. Freiwillig, weil die Gesundheit, die fehlende dies abforderte, die Ärzte, der Rest Rationalität über meine Sucht. Gezwungen, weil ich im Krankenzimmer und auf der Intensivstation keine Gelegenheit hatte zu qualmen. Viele meiner Freunde haben sich vom Saulus zum Paulus gewandelt. Vom Raucher zum militanten Ex-Raucher. Zum Paulus langt es bei mir nicht. Zigarettenrauch rieche ich immer noch gerne. Und es macht mir gar nichts, neben einem Raucher zu sitzen. Im Gegenteil. Ich nehme gerne noch ein Näschen. Und finde es nach wie vor lecker.

Weltuntergang

Heute ist der dreißigste Mai. Und Am dreißigsten Mai ist der Weltuntergang. Diese Liedzeile kennen wohl die meisten. Weiter wissen wir in der Regel nicht. “Am dreißigsten Mai ist der Weltuntergang, wir leben nicht mehr lang, wir leben nicht mehr lang.” Tröstlich an diesem Liedchen sind die nächsten Zeilen: “Doch keiner weiß in welchem Jahr, und das ist wunderbar. Wir sind vielleicht noch lange hier, und darauf trinken wir.” Diesen Song haben wir dem Golgowsky-Quartett zu verdanken, das Neunzehnhundertvierundfünfzig mit dem “Weltuntergang” den ersten Platz in den Charts, früher war das die Hitparade, einnahm. Über vierhundert Titel hat dieser Karl Golgowsky komponiert,  auch solche Knaller wie Käthe, du hast so gerade Nähte” oder „Hau ruck, schon wieder fallen alle Neune“. 

Marx gegen Kapitalismus

Marx ruft zum Kampf gegen den Kapitalismus auf. Da mag man meinen, Spiegel-Online sei aus der Zeit gefallen. Wenn das Wörtchen Kardinal nicht wäre. Nicht Karl ist gemeint, Karl Marx, von dem man das ja weiß und wußte, daß er den Kampf gegen den Kapitalismus führte. Nein, der Kardinal mit dem schönen deutschen Vornamen Reinhard, Kardinal Reinhard Marx, ist ab sofort an der Seite des Doktors aus Trier zu finden. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Kein Nobody, kein minoritärer Kirchenfürst.

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Es gibt schon sonderbare Koalitionen. Karl und Reinhard vereint im Kampf für die Überwindung des herrschen Wirtschaftssystems. “Wir müssen über die Neubestimmung der Gesellschaft und des Staates auf globaler Ebene diskutieren, über den Kapitalismus hinausdenken, denn Kapitalismus ist nicht das Ziel, sondern wir müssen ihn überwinden.” Da hat der neue Chef der Katholiken, Papst Franz, schon einiges angerichtet. War er es doch, der öffentlich bekundete, daß die kapitalistische Wirtschaft töte.

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Ich bin gespannt, ob die Christliche Union jetzt ihr weitsichtiges Ahlener Programm wiederbeleben wird. Dort heißt es unter anderem: “Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr als das kapitalitische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. ” 

(Foto R. Marx: Wolfgang Roucka)

Annetraut

Im Vornamenslexikon ist sie nicht zu finden. Annetraut. Das ist der Name jenes Tiefs, das uns derzeit naß aussehen läßt und kalt. Bei Google kann man diverse Annetrauts finden, Kartenlegerin, Antistresscoach, Neurologin, Steuerexpertin, was auch immer. Nur keine Meteorologin. Das würde vermutlich jetzt auch nicht mehr helfen. Es bleibt nichts, als Annetraut  und ihr Wasser und ihre Kälte auszuhalten. Ach Annetraut.

Ein Abend im Rathaus. Miszellen

Henning Rehse wurde nicht gesehen gestern Abend, der Tausendsassa der WNK, von dem es heißt, daß er in einem gegebenen Moment an mindestens zwei Stellen gleichzeitig auftauchen könne. Mindestens. Er muß geahnt haben, daß es kein Kommunalwahlabend nach seinem Gusto werden wird. Sein Direktmandat hat er verloren, an einen Nobody aus der CDU. Und sein Laden hat knapp ein Drittel seiner Stimmen eingebüßt. Eine Folge der unangenehmen Lautstärke, mit der die WNK und Henning Rehse die Bürger bedrängt, der unangemessenen Wortwahl, mit der Rehse und seine Adlati Freund und Feind bedacht haben, eine Folge auch des Plakatdurchfalls und des Tamtams um die Rhombusbrache, mit der die Bürger für dumm verkauft werden sollten. Und: Bürgermeisterbashing, der Volkssport im Rat und auf Parteiversammlungen, zahlt sich nicht aus.

Nur jeder zweite Dellmann hat gestern den Stadtrat gewählt. Ein Armutszeugnis. Bei der letzten Kommunalwahl Zweitausendundneun waren es immerhin noch fast sechzig Prozent. Das Meckern scheint das Einmischen abgelöst zu haben. Wer nicht wählt, meckert aber nur ins Leere. Fatal. Fatal auch für die Parteien, Sieger wie Verlierer. Sie bringen die Wähler ja nicht mehrheitlich an die Urne. Ihre Politik geht an knapp der Hälfte der Bürger vorbei. Auch die der Sieger.

Sieger. Das sind die jungen Herren um Christian Klicki in der CDU. Die haben die Stimmen zurückgeholt, die in der vergangenen Stadtratswahl wegen einer verunglückten Kandidatenauswahl verloren gegangen waren. Mehr nicht. Die CDU ist also, mehrheitstechnisch, am Ende der Amtszeit von Bürgermeister Heckmann angelangt, Zweitausendundvier, als der die CDU beinahe zugrunde gerichtet hatte. Aber: Die beiden Direktmandate für die CDU-Abspaltungen, für Rehse und Burghof, gingen wieder an die CDU. Gratulation.

Verlierer gibt es auch, bei jeder Wahl. Die FDP ist Verlierer. Diesmal. Obwohl sie  in Wermelskirchen doch weit über dem Ergebnis der Europawahl landete. Mit etwas mehr als sechs Prozent ist auch sie wieder im Jahr Zweitausendundvier angekommen. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Sie lebt also noch, die totgesagte liberale Partei. Besser als anderswo. Wermelskirchen ist liberale Hochburg. Noch immer. Noch.

Das Bürgerforum hat auch verloren. Das Direktmandat von Friedel Burghof ist weg, zurück bei der CDU. Und mehr als ein Drittel der Wähler hat der Burghofschen Partei den Rücken gekehrt. Mal ganz ehrlich: Brauchen wir eigentlich diese ganzen CDU-Ableger? Machen die denn im Ernst irgendetwas anders als die Mutterpartei? Oder geht es doch eher nur um Macht und persönliche Eitelkeiten?

Die Siege dieser Kommunalwahlen sind nicht ungebrochen und die Niederlagen auch nicht. Interessant. SPD-Aktivisten wünschten sich vor der Auszählung eine zwanzig vor dem Komma. Das kann man verstehen, haben die Wähler die Sozialdemokraten vor fünf Jahren doch derbe abgewatscht. Sechzehn (!) Prozent hatte die SPD eingefahren. Klar. Haben sie sich doch zur Unterstützung des damaligen CDU-Kandidaten für den Bürgermeisterposten verstiegen. Eines Mannes und Politikers, an dessen Namen man sich heute nur noch mit Mühe erinnern kann. Aber: Es wurden gestern keine zwanzig , sondern nur gut neunzehn Prozent. Zuwachs zwar, aber doch bescheiden. Dabei hätte die SPD durchaus Potential für mehr. Bei der Europawahl beispielsweise kam die SPD gestern hier im Städtchen auf mehr als fünfundzwanzig Prozent. Die SPD siegt und verliert zugleich.

Die Grünen sind etabliert. Da mag es intern noch so sehr gekracht haben in der vergangenen Legislaturperiode. Etwa zehn Prozent der Wähler gehen mit den Grünen durch dick und dünn. Sieger? Verlierer? So einfach ist das eben alles nicht.

Die Linke hat ihre Stimmenzahl verdoppelt. Obwohl doch kaum etwas zu hören oder lesen war von ihrem Stadtverordneten. Fünf Jahre lang. Sieger? Stummer Sieger?

Was bleibt noch? Ach ja, die frechen jungen Männer von der Alternative. Für ganz Deutschland. Die lokalen Gegenstücke zur Altmännerriege um Henkel und Starbatty im Bund und in Europa.Sie haben gewonnen. Weil sie in den Stadtrat eingezogen sind. Mit nicht einmal fünf Prozent. Und sie haben verloren, weil sich die allzu süßen Blütenträume schon zerstoben haben. Sie haben weniger erreicht als bei den Europawahlen, weniger als im Bund. So frech wie in verschiedenen Facebookgruppen sollten sie demnächst nicht mehr auftreten. Sonst könnte schneller wahr werden, was ohnehin zu ahnen ist. Rechtspopulismus ist eine vorübergehende Erscheinung. Wir haben schon schlimmere Zeitgeister überstanden, Republikaner, Nationaldemokraten, Pro Irgendwas …

Wie war das noch? Lechts und rinks solle man nicht verwechseln. Wenn man Ernst Jandl folgen will. Ordnen wir aber einfach einmal zu, der Arschbackenphilosophie. Rechts die CDU, nach guter alter Sitte. Und die WNK. Als Fleisch von Fleische. Und das Bürgerforum. Noch mehr Fleisch vom alten Fleisch. Dann haben wir schon eine absolute Mehrheit. Sechsundfünfzig Prozent. Nehmen wir spaßeshalber noch die Alternativen dazu, die Rechtspopulisten, landen wir bei über sechzig Prozent. Ein Block. Ein gewaltiger Block. Wenn Grüne, Sozialdemokraten, Liberale und Linke, spaßeshalber mal gemeinsam auf der linken Arschseite eingeordnet, diese Verhältnisse, zusammen nicht einmal mehr über vierzig Prozent zu verfügen, dermaleinst  zum Tanzen bringen wollen, die Liberalen und die Sozialdemokraten mögen mir das Marxzitat aus der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie nachsehen,  dann werden sie ihnen ihre eigene Melodie vorspielen müssen; anders Politik machen als bislang, öffentlich, dort wo’s stinkt und laut ist, fantasievoller Menschen ansprechen, diskutieren, was draußen besprochen wird, beklagt, kritisiert, feinere Antennen entwickeln für die Nöte, auch für Visionen und Anstrengungen der Bürger. Draußen spielt die Musik, nicht in Hinterzimmern, in  Ausschüssen oder im Stadtrat.

Towelday

Heute ist einer meiner Lieblingstage. Nein, nein, nicht der Europawahltag, ach iwo. Auch nicht der Tag der Kommunalwahlen. Ganz interessant, das schon, aber es langt nicht, lange nicht, um Lieblingstag zu werden. Heute ist der Handtuchtag. Handtuchtag? Ja! Und zu diesem Tag habe ich hier und hier schon was geschrieben. Das sollte reichen, oder?IMG_0018

Brilliant

Wilhelm Imkamp ist Prälat, Wallfahrtsdirektor in Maria Vesperbild im Landkreis Günzburg in Bayern1024px-Ziemetshausen_Maria_Vesperbild_3413 und, wie die Augsburger Allgemeine zu berichten weiß, ein “brillianter, zuspitzender

Formulierer”. Wie brilliant der Prälat zuzuspitzen weiß, wurde jüngst auf einer Europawahlkampfveranstaltung der CSU deutlich, als der natürlich nicht verheiratete Wallfahrtsdirektor öffentlich seine profunden landeskundlichen Kenntnisse von Frankreich sowie seine Kompetenz in Ehedingen zum Besten gab: „Zu einem guten französischen Politiker gehört der Ehebruch als Leistungssport“.

(Bild: GFreihalterZiemetshausen Maria Vesperbild 3413CC BY-SA 3.0)