Monat: März 2014

Bußfertig

Bußfertig, das habe ich gestern noch im Spiegel gelesen, bußfertige gebe sich Erzbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Bußfertig, was für ein schönes Wort, alt, ungebräuchlich, kaum gesprochen, selten zu lesen. Schuldbewusst bedeutet es, reumütig. Wir würden heute eher zerknirscht sagen. “Mit dem Wissen von heute erkenne ich, dass ich Fehler gemacht habe. Auch wenn sie niemals aus Absicht entstanden, haben sie Vertrauen zerstört.” So gestern noch zu lesen in Spiegel-Online. Heute berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger, für den seit Monaten nicht mehr im Amt befindlichen Oberhirten sei im Januar ein neuer Dienstwagen bestellt worden. Ein BMW der Oberklasse. Natürlich. Wie es sich für einen ehemaligen Limburger Oberhirten geziemt. Und alles an der Bistumsleitung vorbei. Bußfertig? Reumütig? Zerknirscht? Nur mal so am Rande: Die gut einhundertzwölftausend Euro, die Tebartz-van Elst kassiert, bringen die deutschen Steuerzahler auf, nicht nur die Kirchensteuerzahler der katholischen Kirche. Bußfertig? Reumütig? Zerknirscht? Der Mann müßte jeden Tag auf die Knie sinken vor Dankbarkeit angesichts der Großmütigkeit der Menschen in Deutschland, die aber hinters Licht geführt wurden und werden von jemandem, der offenbar für ein solches Amt keinerlei Eignung besitzt.

 

Das Theater der Schifflers

Eine Internetseite über kuriose Feiertage belehrt mich, daß heute der Welttag des Theaters begangen wird. Seit Neunzehnhundertzweiundsechzig bereits gibt es diesen Feiertag. Und aus Finnland (Wer hat’s erfunden?) soll die Idee stammen. Die stummen Nordeuropäer haben ja sogar den heißblütigsten aller Tänze okkupiert, den Tango. Also, warum sollen sie den Theatertag nicht erfunden haben. Mir geht es aber am Welttag des Theaters nicht um die Kunstformen Tanz und Theater. Mir geht es um die Kunstform Lichtspiel und ihren Ort. Um das Lichtspieltheater in Wermelskirchen. Das Film-Eck. Wer kennt es nicht? Fast alle Dellmänner und Zugereisten waren schon einmal dort. Ein Kultort. Ein Ort mit Geschichte. Ein Ort voller Geschichten.  Und diese Geschichte und Geschichten kann man sich jetzt in einem Film ansehen, einem Gespräch mit Klaus Schiffler, dem Betreiber. Das Video “Das Film Eck Wermelskirchen – Ein Generationenkino überlebt…” ist eine Pretiose, ein Kleinod. Ein Kleinod über ein Kleinod. Geschaffen von Thomas Ehl und Armin Himmelrath“Das Film Eck der Familie Schiffler ist eines der letzten schönen und gemütlichen Kinos im Bergischen Land. (…) Eine solche Kulturstätte kann nur überleben, wenn sie trotz Internet sowie unzähliger TV Sender ein Publikum findet. Aber vielleicht ist ja, neben dem besonderen Ambiente, auch die geschmackvolle Filmauswahl der Schifflers das Geheimnis, warum dieses Kino seit vielen Jahren so beliebt ist. Ganz nebenbei: Bei 5 Euro pro Person kann sich hier noch eine ganze Familie den Eintritt leisten…. Das aktuelle Programm finden Sie unter: film-eck.de.” So heißt es in der Beschreibung des VideosDer Film von Ehl und Himmelrath macht Lust auf das Kino, nein: unser Kino. Und unser Kino macht Lust auf die Geschichten der Filmemacher. Danke.

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(Laizisten) – in Gründung

Ich bin einer weiteren Facebookgruppe beigetreten. Sozial-demokratische Laizistinnen und Laizisten. In der Schreibweise. Was auch immer damit ausgedrückt werden soll. In dieser Gruppe sollen sich alle Mitglieder versammeln, “die für eine klare Trennung zwischen Staat und Weltanschauungsgemeinschaften eintreten”. Weltanschauungsgemeinschaften. Unsinnlicher kann man wohl kaum formulieren. Weltanschauungsgemeinschaften. Religionen sind doch gemeint.  Menschen, die einer Religionsgemeinschaft angehören, für sie eintreten, Menschen, die an Gott glauben, einen, verschiedene, unterschiedliche. Weltanschauungsgemeinschaften, das klingt ähnlich blutleer wie Fahrtrichtungsanzeiger. Weiter heißt es in der Gruppenbeschreibung: “Diese Facebook-Gruppe fungiert auch als Informations- und Diskussionsportal für die Unterstützer des in Gründung befindlichen Arbeitskreises, der nach dem Beschluss der Gründungsversammlung am 16.10. in Berlin vorläufig den Namen ‘Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für die Trennung von Staat und Religion (Laizisten) – in Gründung – ‘ trägt. Aus Gründen der Stringenz sowie Kürze und Klarheit des bisherigen Gruppennamens bleibt dieser (zunächst) erhalten.” Diese unsinnliche Sprache kann doch von Menschen nicht geschrieben oder gesprochen werden, die die Welt verändern wollen, eine andere Gesellschaft schaffen, ins Gespräch kommen wollen mit anderen Menschen, sie von unseren Ideen überzeugen, von Menschen, die sich austauschen, mit jenen, die gleicher Meinung sind, und jenen, die andere Auffassungen haben. In Facebook. Also extern. Draußen. In Digitalistan. Und im Analogen. Nun gut. Ich bleibe. Einstweilen. Es werden ja nicht alle Texte von solch knöcherner Art sein.

Windmacher

Gibt es eigentlich einen einzigen Bürger in dieser Stadt, der für die Beibehaltung der Industriebrache Rhombus eintritt? Für die Ruine neben der Dellmannstraße? Nein! Vielleicht die Mitglieder der Erbengemeinschaft, die die Stadt schon Jahre am Nasenring führt. Aber nur dann, wenn ihre Profiterwartungen nicht erfüllt werden. Ansonsten gibt es niemanden. Die erste Frage auf der aktuellen Verdummungsbefragung der WNK aber lautet, ob man für oder gegen die Beseitigung der Industrie-Ruine Rhombus sei. WNKEDK-Karte 1

Die WNK kann nicht oder nicht gut mit der deutlichen Mehrheitsentscheidung des städtischen Fachausschusses umgehen, nach der auf dem Rhombusgelände kein EDEKA-Markt – und sei er noch so XXL-groß – angesiedelt werden soll. Die WNK? Das kann man nicht so genau wissen. Denn die WNK hält sich ziemlich bedeckt. Man liest im wesentlichen nur von Henning Rehse, der erkennbar in den Wahlkampfmodus geschaltet hat. Wahlkampf ist für Henning Rehse Wind, Windmacherei. In Wahlkampfzeiten, vielleicht nicht nur in denen, wird er zum größten Windmacher in Wermelskirchen. Er bläht sich auf und pustet und prustet und dröhnt, was das Zeug hält. So laut, daß er selbst nichts mehr hören kann, abgeschottet ist und bleibt von den Realitäten, von Argumenten, von nachdenklichen Einwänden, von Freund und Feind. Hennings Wind wird derzeit zum Orkan. Und isoliert den Windmacher selbst von den seinen. Es kann ja kein Zufall sein, daß sich andere Mitglieder der WNK nicht zu Wort melden, nicht in den Rehseschen Sturm einstimmen und ihre heiße Luft beitragen. Sieht man einmal von der Rehseschen Assistentin Schadt ab, die immer an Hennings Seite steht, gleich, was passiert oder ob sie die Taktik von Henning Rehse verstanden hat. Henning Rehses Getöse richtet sich gegen eine demokratische Entscheidung eines demokratisch gewählten Ausschusses. Gefaßt mit einer deutlichen Mehrheit. Nachdem Henning Rehse über Wochen versucht hat, das politische Klima in der Stadt wie auch die politischen Konkurrenten von der Notwendigkeit der Ansiedlung eines XXL-Edekamarktes auf der Industriebrache zu überzeugen. Das ist ihm nicht gelungen. Die Mehrheit in der Stadt hat anders entschieden. Es geht darum, daß die Innenstadt entwickelt und nicht alles auf Rhombus orientiert wird. Seit der “Umfrage” –  wie soll und kann man den Manipulationsversuch von Henning Rehse nennen? – heißt die WNK bei mir nur noch WNKEDK. Wes Brot ich eß, des Lied ich sing. Diese Umfrage ist alles Mögliche, nur keine Umfrage. Sie ist eine als Umfrage getarnte Wahlkampfkarte.WNKEDK-Karte 2

Und sie liegt wo aus? Richtig. Bei EDEKA. Wahlkampf à la Rehse. Gesprochen wird von Umfrage. Betrieben wird eine durchschaubare Manipulation. Henning Rehse, der immer noch dröhnt und pustet und prustet und die Backen aufbläst, Henning Rehse wird kaum mitbekommen in diesem autistischen Wahlkampfmodus, daß er sich mehr und mehr zum Gespött macht, selbst seine Freunde verprellt und die potentiellen politischen Verbündeten. Sein Problem. Vom Edekaeinzelhändler Harbring, zu dem ich mein Geld auch trage, erwarte ich indessen, daß er sich nicht für diesen billigen Wahlkampfcoup hergibt und seine Kundschaft nicht weiter diesen Manipulationsversuchen aussetzt. Wahlwerbung an der Edekakasse geht gar nicht, Herr Harbring. Und eine solche Edekakundenbefragung kann als seriöse Umfrage keineswegs durchgehen. Denn wer könnte schon guten Gewissens gegen den “Erhalt und die Schaffung von zu Fuß erreichbaren Läden für die Grundversorgung in den Stadt- und Ortsteilen” sein? Niemand. Es ist also keine ernstgemeinte Frage. Wer wäre denn wirklich gegen die “Beseitigung der Industrie-Ruine Rhombus”? Niemand. Also auch das ist keine ernst gemeinte Frage. “Erhalt des Loches-Platzes als zentralen Kirmes-, Veranstaltungs- und Parkplatz.” Die Auswahlmöglichkeiten sind Ja (in Grün) oder Nein (in Rot). Aber nicht, wie der Loches-Platz für diese Zwecke erhalten werden kann. Kann Handel angesiedelt werden und zugleich die Kirmes stattfinden? Die WNKEDK gibt keinen Hinweis. Was sollen die Bürger denn antworten? Ja werden sie antworten, sich für den Erhalt des Loches-Platz aussprechen. Aber dieses Votum ist keines gegen die Ansiedlung eines Lebensmittelhändlers beispielsweise. Wir haben nun schon die dritte Frage, die keine gute Auswahl bietet. Bleiben zwei Fragen: Soll der Wochenmarkt auf den Marktplatz verlegt werden? Ja oder Nein? Sind dort genügend Parkplätze? Sind die schiefen Ebenen für die Marktbeschicker geeignet? Ist der Marktplatz groß genug? Fragen über Fragen. Bislang aber keine Antworten der WNKEDK. Und das soll eine seriöse Umfrage sein? Bleibt die letzte Frage. “Bau eines XXL-Marktes auf den Rhombus-Gelände.” Ja oder Nein? EDK hat der schlaue Rehse bei dieser Frage schon mal weggelassen. Warum kein Gewerbe auf dieser Fläche? Warum kein Hotel oder eine Disco? Warum keine Sportanlage? Wie könnte diese Fläche die Stadt auch ohne einen Lebensmittelhändler attraktiv und spannend machen? Fragen über Fragen. Aber keine, die mit dem simpelsten Schema à la Rehse angekreuzt werden können: Ja oder Nein.Die Überschrift über den Fragen lautet: Wir sind dafür. Noch Fragen?

Die kleine Raupe Nimmersatt und die atemberaubende Schönheit der Stadtentwicklung in Wermelskirchen

Frida hat Geburtstag. Ein Jahr wird sie nun alt und mitunter hören wir sie durch die Küchenwand kreischen. Vermutlich, weil sie Spaß an Wasser und am Planschen hat. Denn neben unserer Küche ist das Badezimmer der Familie von Frida. Für den Kindergeburtstag müssen wir als Nachbarn natürlich ein Geschenk haben. Gesagt, getan. So habe ich heute Mittag in der schönen Buchhandlung am Markt das Kinderbuch von der kleinen Raupe Nimmersatt erstanden,  das vor mehr als drei Jahrzehnten schon unseren Sohn erfreuen konnte. Mehr als neunundzwanzig Millionen Exemplare dieser Schöpfung des amerikanischen Kinderbuchautors Eric Carle sind seit seinem Erscheinen im Jahr neunzehnhundertneunundsechzig bereits verkauft worden. Ein Renner also. Dieser neu geschaffene Platz am Markt in Wermelskirchen, der mit der Buchhandlung, ist dagegen kein Renner. Im Gegenteil. Eine stadtplanerische Ödnis. Diesen Markt-Platz, neu geschaffen, nachdem man das einzig Historische, nämlich “das Büdchen”, an dem Generationen von Schülern Süßkram und Limonaden gekauft hatten und Erwachsene Zigaretten und Zeitungen erstehen konnten, abgerissen und ins Museum nach Lindlar hat verfrachten lassen, diesen Platz also sieht man ja zumeist aus dem Auto, schnell, im Vorbeifahren. Dann sieht er womöglich sogar noch irgendwie putzig aus. Zwei, drei, vier Geschäfte, ein Restaurant, ein abgedeckter Brunnen, ein paar Mäuerchen auf der schiefen Fläche, das signalisiert “Piazza”, einen Stadtplatz, eine Fläche zum Flanieren, zum Verweilen, ein Ort für Gespräche vielleicht, für die Lektüre der Zeitung, für den Genuß eines Cappuccinos oder eines Glases Wein. Wie gesagt: Im Vorbeifahren, wenn man nicht so genau hinschauen kann. Zurück zur Raupe Nimmersatt. Die schöne Buchhandlung hat alles, was das Herz des Bücherfreundes erfreuen kann. Es gibt nur keinen Parkplatz auf dem Markt. Oder neben dem Platz. Oder in direkter Nähe des Ladens. Der Marktplatz verweigert sich dem Markt. Markt ist ein Ort des Handels, des Austauschs. Der Markt in Wermelskirchen ist kein Markt. Kein Ort des Handelns. Wenn die Kundschaft nicht in die Geschäfte kommen kann, wird Handel kaum stattfinden. Dennoch in der Buchhandlung angekommen, schaut man auf diesen neu “gestalteten” Marktplatz. Sozusagen von hinten. Weil vorn die Straße ist. Man schaut von unten nach oben. Der Platz hat eben Gefälle. Der Markt ist menschenleer. Klar. Was soll man dort auch? Verweilen? Auf den halbrund (warum eigentlich?) gemauerten Mäuerchen sitzen? Die Mäuerchen, die den Platz ruinieren. Auf dem Platz am Markt in Wermelskirchen hat man keinen Platz mehr. Dort sind Treppen, kleine Mauern, ein abgedeckter Brunnen. Keine Bänke, kein Strauch, kein Baum. Leblos. Öde. Künstlich. Was habe ich mir seinerzeit von den Großmeistern der Stadtentwicklung, den Rehses und Bornholds von der WNK alles anhören müssen, wie der Markt zum neuen Zentrum der kleinen Stadt werde, wie man das Alte durch das Neue und seine moderne Gestaltung ersetzen müsse. Bullshit. Der Platz ist sowas von tot. Ein Blick  aus den Schaufenstern der Buchhandlung belegt: Unbelebt. Die Obere Remscheider Straße hört am Café Wild auf. Gut fürs Café. Schlecht für den Markt. Stadtplanung ist eine Kunst. In Wermelskirchen ist sie eine Frage der Macht. Ganz aktuell zu besichtigen bei den Bemühungen der stadtplanerischen Oberkünstler von der WNK, gegen die Mehrheit im Rat einen Supersupersuperlebensmittelmarkt auf der Industriebrache an der Dellmannstraße anzusiedeln und damit die Wermelskirchener Innenstadt komplett in die Ödnis zu verwandeln, wie sie das am Markt bereits geschafft haben. Polternde Lautstärke, Kraftmeierei, Unterschriftensammlungen, Machtgehabe ersetzen Verständnis und Gefühl für die Ästhetik einer Stadt nicht. Für die Lebbarkeit einer Kommune. Für ihre Geschichte. Für die urbane Soziologie. Für die Alltagsbedürfnisse ihrer Menschen. Für die Vision eines Gemeinwesens. Im Gegenteil. Wer immer mehr gesichtslose Bauten statt der gewachsenen Architektur zuläßt in der Stadt, wer Plätze baut, die keinem Menschen dienen, wer die Ästhetik einer Stadt nicht begreift, weil sie lediglich ökonomisiert betrachtet wird, nur in den Kategorien Investitionen und Investoren, der sollte alles Mögliche veranstalten, nur auf jeden Fall die Finger von der Stadtplanung lassen.