Tag: 19. Mai 2010

»Spiel- und Schwindelsystem«

»Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. (…) Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise. Die dem Kreditsystem immanenten doppelseitigen Charaktere: einerseits die Triebfeder der kapitalistischen Produktion, Bereicherung durch Ausbeutung fremder Arbeit, zum reinsten und kolossalsten Spiel- und Schwindelsystem zu entwickeln und die Zahl der den gesellschaftlichen Reichtum ausbeutenden Wenigen immer mehr zu beschränken; andrerseits aber die Übergangsform zu einer neuen Produktionsweise zu bilden, – diese Doppelseitigkeit ist es, die den Hauptverkündern des Kredits (…) ihren angenehmen Mischcharakter von Schwindler und Prophet gibt.«

(Karl Marx – Friedrich Engels – Werke, Band 25, “Das Kapital”, Bd. III, Fünfter Abschnitt, S. 457, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983, Siebenundzwanzigstes Kapitel, Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion)

Seit 1894 kann man die Wahrheit kennen.

Bekloppt? Bekloppt!

Was lese ich da in der heutigen Ausgabe meiner Tageszeitung auf Seite Drei? “VHS-Kurs: So bedient man einen Fahrkartenautomaten”. Ein Aprilscherz am 19. Mai? Weit gefehlt. “Viele Fahrgäste, die ein Bahnticket am Automaten ziehen wollen, stehen völlig ratlos davor. Denn das Gerät ist für Unkundige meist wie ein Buch mit sieben Siegeln. Jetzt sorgt die Volkshochschule des Kreises Viersen für den besseren Durchblick: Sie bietet Kurse an, in denen Fahrgastbetreuer der Deutschen Bahn die Automaten erläutern.” So heißt es im Wermelskirchener General-Anzeiger, das ist die Westdeutsche Zeitung. Bekloppt, kann man da nur sagen. Nicht die Volkshochschule. Die bemüht sich nur, einen Mangel auszugleichen. Die Deutsche Bahn ist bekloppt. Wie kann man denn Automaten konstruieren, zu deren Bedienung man zuvor ein Jodeldiplom erwerben oder studiert haben muß? Aus der Zeitungsmeldung geht nicht hervor, ob eine eintägige Erläuterung durch die Fahrgastbetreuer der DB ausreicht oder mehrwöchige Unterweisungen erforderlich sind. Wer immer bei der Bahn für diesen Unsinn zuständig ist, sollte achtkantig gefeuert werden. Ohne Bonuszahlungen. Ohne Abfindungen. Und: Auf Jahre hinaus kostenlos die Kurse in allen Volkshochschulen der Republik erteilen müssen. Unentgeltlich.